Die AIBA will von 2013 an eigene Lizenzen vergeben und sagt dem bestehenden Promoter-System den Kampf an

Hamburg. Dem Profiboxen steht ein Umbruch bevor, dessen Folgen nicht absehbar sind. Der Amateur-Weltverband AIBA plant, ab 2013 eigene Profilizenzen zu vergeben. Damit soll ambitionierten Sportlern die Möglichkeit gegeben werden, ihre gesamte Karriere unter einem Dach zu verbringen. "Das olympische Boxen leidet weltweit unter der Abwanderung seiner besten Athleten in den Profibereich. Wenn wir keine Veränderungen vornehmen, sind wir irgendwann weg vom Fenster", sagt Jürgen Kyas, Präsident des Deutschen Boxsport-Verbands (DBV) und Mitglied im Exekutivkomitee der AIBA.

Rund ein halbes Jahr lang hatte eine Taskforce Pläne für die Professionalisierung ausgearbeitet, die im Juli am Rande der Junioren-WM in Kasachstan präsentiert und vom Exekutivkomitee einstimmig angenommen wurden. Diese sehen vor, neben dem olympischen Boxen und der im Vorjahr installierten, semiprofessionellen World Series of Boxing (WSB) einen Profibereich aufzubauen. Die Änderung, die dabei für den größten Aufruhr sorgen wird, ist das Vorhaben, das derzeitige Profisystem aus den Angeln zu heben. Aktuell existieren vier bedeutende Weltverbände, die eigene Ranglisten führen und ihre Weltmeister küren. Die Athleten sind eigenständige Unternehmer, die sich zum großen Teil von Managern und/oder Promotern vertreten lassen und dafür zwischen 20 und 35 Prozent ihrer Kampfbörsen abtreten müssen.

An die Stelle der Promoter will nun die AIBA mit einem eigens dafür installierten Management treten. "Wir wollen, dass der Großteil der generierten Gelder bei den Athleten ankommt. Wir wollen sie wie Arbeitnehmer behandeln, die Sozialabgaben leisten und somit für ihr gesamtes Leben abgesichert sind", sagt Kyas. Als Bonbon plant der Verband, erstmals bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro Profis zuzulassen - allerdings nur solche mit AIBA-Lizenz. Profis, die bei anderen Verbänden antreten, wäre der Weg zu Olympia verbaut.

Als Kriegserklärung an die vier Weltverbände und die Promoter will Kyas die Pläne nicht verstanden wissen. "Wir sind gesprächsbereit und wollen die Arbeit, die im Profigeschäft geleistet wird, nicht konterkarieren. Die AIBA will ein zusätzliches Angebot schaffen, um sich für die Zukunft zu wappnen." Ein mit den AIBA-Plänen bestens vertrauter Insider sieht in diesen Beteuerungen jedoch nur einen Vorwand. "Letztlich geht es darum, dass die AIBA die Kontrolle über das Profiboxen übernehmen will und versucht, das ganze System zu revolutionieren", sagt er.

Die deutschen Promoter sehen den Plänen der AIBA gelassen entgegen. "Ich finde die Ideen charmant, aber es fehlt derzeit an greifbaren Inhalten", sagt Dietmar Poszwa aus der Geschäftsleitung des Hamburger Universum-Stalls. "Das Ganze steht und fällt mit der Vermarktbarkeit, und da habe ich meine Zweifel. Die Pläne sind interessant, die Umsetzung aber schwierig", sagt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB).

Da die WSB in ihrer ersten Saison nicht die Signalwirkung entfaltete, die sich AIBA-Chef Ching-kuo Wu erhofft hatte, soll zum Start der Saison 2011/12 Mitte November ein neues System für mehr Interesse sorgen. Die wichtigste Änderung ist die Installation eines deutschen Teams, um den aus AIBA- Sicht zweitwichtigsten Markt nach den USA einzunehmen. An einem solchen Team hatte der Hamburger Promoter Erol Ceylan Interesse gezeigt, der nun jedoch von der Eile des Verbands überrascht wurde. "Die Finanzierung liegt jährlich bei mindestens zwei Millionen Euro. Dafür braucht man drei Jahre Vorlauf", sagt er. Laut Kyas sind die Verhandlungen mit einem Investor bereits weit fortgeschritten. Als Standort ist Leipzig im Gespräch.