Johns Creek. Für die meisten Profis ist es das gleiche Golfturnier wie immer. Die PGA-Championships, das vierte und letzte Major-Turnier des Jahres. Es geht wieder um die Wanamaker-Trophäe und ein Preisgeld von 7,5 Millionen US-Dollar, rund 5,2 Millionen Euro. Die absolute Weltklasse ist am Start, dazu 20 Klub-Professionals. Alles wie gehabt, zum 93. Mal bereits.

Martin Kaymer kehrt heute als Titelverteidiger zurück - aber zu einem für ihn völlig anderen Turnier. Nichts ist mehr wie vor einem Jahr, als er mit seinem Triumph in Whistling Straits Golfgeschichte schrieb und als zweiter Deutscher nach Bernhard Langer eines der Grand-Slam-Turniere gewinnen konnte. "Vor einem Jahr hatte ich keine Vorstellung davon, dass ich schon so weit bin, bei einem so wichtigen Turnier zu siegen", sagt Kaymer, "ich war erst 25 Jahre alt und dachte, ich brauche noch viel mehr Erfahrung."

Jetzt wird er in Johns Creek bei Atlanta als Titelverteidiger hofiert, er war Mitglied des siegreichen europäischen Ryder-Cup-Teams und erklomm im Februar für elf Wochen die Spitze der Weltrangliste. "Ich habe drei meiner Karriereziele in einem Jahr erreicht", sagt der Düsseldorfer, "eigentlich ist das alles unglaublich." Kaymer genießt die Magie und die Privilegien des Superstars. Aber zunehmend merkt er auch, wie der Ruhm an ihm zerrt. Wer alles etwas von ihm will: Sponsoren, Fans und Medien, VIPs und Möchtegerns. "Ich habe nach den British Open vor einem Monat zwei Wochen kein Turnier gespielt, hatte aber keinen Tag frei", sagt Kaymer, "es war anstrengend."

Bei der Generalprobe für die Championships vergangenes Wochenende in Akron (US-Bundesstaat Ohio) wurde Kaymer 29. Die Putts fielen nicht, auch vom Abschlag war er nicht genau genug. Erst am Schlusstag genügten seine Drives und das kurze Spiel den eigenen Ansprüchen. "Das gibt mir auf jeden Fall viel Motivation für die nächste Woche", teilte Kaymer mit. Zu den Favoriten gehört der Titelverteidiger dennoch nicht. Sein bislang letzter Turniersieg ist schließlich schon siebeneinhalb Monate her, und der bodenständige Deutsche ist auch kein Glamourboy, wie ihn Amerikaner lieben.

US-Open-Champion Rory McIlroy (Nordirland), die Engländer Lee Westwood und Luke Donald werden höher gehandelt als Kaymer. Natürlich auch der Australier Adam Scott, der am vergangenen Wochenende glänzte, und selbst die US-Legenden Phil Mickelsen und Tiger Woods gehören zu den Titelkandidaten. Kaymer stört das alles nicht: "Ich spiele gern aus einer Verfolgerposition", sagt er. Den Highland Course im Atlanta Athletic Club, wo er heute um 13.15 Uhr Ortszeit (19.15 MESZ/Sky) gemeinsam mit Y. E. Yank (Südkorea) und Shaun Micheel (USA) auf die erste Runde geht, hat er bereits vor zwei Monaten auf einer Proberunde kennengelernt. "Der Kurs ist völlig anders als 2011 Whistling Straits", urteilt der Weltranglisten-Dritte, "er ist lang, aber es wird dennoch auf große Präzision ankommen." Bäume statt Dünen eben. Und fürchterlich dickes Rough.

Dazu liegt gerade eine Hitzewelle über der Olympiastadt von 1996, die das Golfen nicht zu einem Vergnügen macht. 30 bis 35 Grad sind für das Turnierwochenende angekündigt. Bei den ersten Einspielrunden lief der Schweiß bei den Profis schon nach wenigen Löchern in Strömen. Ventilatoren und Kühlzelte sollen auf der Anlage für Erfrischung sorgen. Kaymer braucht das wahrscheinlich nicht, der 26-Jährige ist meist cool. Vor einem Jahr hat er es im Stechen bewiesen.