Die Verfolger schöpfen vor dem Großen Preis von Ungarn Hoffnung: Ist Sebastian Vettel noch einzuholen? Hamilton im Training vorn.

Budapest. Beim Duell der Giganten zählen längst schon die Feinheiten. Und so darf sich Lewis Hamilton als erster kleiner Sieger der Tage von Budapest wähnen. Am Freitag jedenfalls bewältigte der Engländer in seinem McLaren-Mercedes im freien Training zum Großen Preis von Ungarn den Hungaroring in 1:21,018 Minuten um rund eine halbe Sekunde schneller als WM-Spitzenreiter Sebastian Vettel. Damit lieferte Hamilton nur fünf Tage nach seinem Erfolg auf dem Nürburgring einen weiteren Beleg dafür, wie gut es derzeit passt zwischen Fahrer und Material. Auf der 4,381 Kilometer langen Rennstrecke möchte der Formel-1-Weltmeister von 2008 auch am Sonntag im elften von 19 Saisonläufen (14 Uhr, RTL und Sky) nur allzu gern seine aktuelle Topform bestätigen.

Erstmals seit dem Auftakt der Saison - so scheint es - sehen Hamilton und Co. im Kampf um die WM-Krone der Formel 1 wieder ihre Chance gekommen. Vettels erstmaliges Verpassen der Podiumsplätze beim Rennen in Deutschland vor einer Woche nehmen sie nun zum Anlass für optimistische Spekulationen hinsichtlich des weiteren Saisonverlaufs. "Man kann nicht erwarten, dass Red Bull immer perfekt ist. Am vergangenen Sonntag haben wir diese Schwäche ausnutzen können", sagte Hamilton. "Hoffentlich ergeben sich mehr solcher Chancen." Nach seinem beeindruckenden Nürburgring-Sieg kann er nun den nächsten Angriff auf den Titelverteidiger kaum mehr erwarten. "Ich will den Schwung mitnehmen", so der 26-Jährige.

Vettel begegnet der Offensive des Briten mit Sorgen. "Ich glaube, es wird eng hier", sagte er. "Wenn wir hier ganz vorne sein wollen, müssen wir uns deutlich verbessern und noch zulegen." Der Freitag sei "kein einfacher Tag" gewesen, immerhin habe er viele Runden fahren können, sagte der Titelverteidiger. "Die Reifen sind sehr weich, damit muss man haushalten."

Dass er nach einer bislang bis auf den Heim-Grand-Prix am Nürburgring fast tadellos verlaufenen Saison ein bisschen fahrmüde geworden sein könnte, mag der Red-Bull-Pilot aber nicht bestätigen. Es sei wie mit der Besteigung des Mount Everest, vergleicht er. Professionelle Bergsteiger würden auch immer wieder zu dieser großen Herausforderung zurückkehren. So sei es auch um ihn bestellt - noch immer verfolge er seine Ziele recht ehrgeizig. "Wenn die Weltmeisterschaft jetzt bei null losgehen würde, würde ich sie auch gewinnen wollen", erklärte der 24-jährige Champion. "Das Ziel ist es, einfach besser zu sein als die anderen. Dass wir das nicht immer sein können, ist klar." Dabei glauben die Gegner noch, der Weltmeister stapele tief. "Wir haben definitiv nicht das schnellste Auto hier", sagte etwa Hamilton.

Gleichwohl hat Vettel die lauernden Gefahren erkannt. "Es gibt keinen Grund, etwas schönzureden, die anderen haben große Schritte nach vorne gemacht." Bedenken, dass sein noch immer komfortabler Vorsprung von derzeit 77 Punkten auf seinen Teamkollegen Mark Webber und 82 Zähler auf Verfolger Hamilton weiter schmelzen könnte, habe er aber nicht. "Ich habe keine Bedenken, denn ich weiß ja, was bei uns bald alles kommt. Unsere Leute sind drauf und dran, das Auto schneller zu machen."

Ob das schon in Ungarn belohnt wird, erscheint zweifelhaft. Es wird wohl auf ein taktisches Rennen hinauslaufen. Denn zum einen ist der Reifenabrieb auf dem Hungaroring für gewöhnlich recht hoch und bedingt mindestens drei, wenn nicht gar vier Boxenstopps. Zum anderen ist im Kampf um die Spitzenplatzierungen ein "normales" Überholen auf der als eher leicht eingeschätzten Strecke fast unmöglich. Vettel war in dieser Saison oft Profiteur der besseren Teamtaktik. Der Weltmeister nimmt's mit Humor: "Die anderen", sagte der in Budapest, "sind auch keine Nasenbohrer."

Zum Beispiel Fernando Alonso. Der Spanier, mit 61 Punkten der erfolgreichste Fahrer der zurückliegenden drei Saisonrennen, verlor gerade mal zwei Zehntelsekunden auf Hamilton. Der Ferrari-Chefpilot, der am Freitag seinen 30. Geburtstag feierte und am Sonntag seinen 30. Grand Prix für die Italiener fahren will, sagte: "Red Bull ist immer noch Favorit." Deshalb wäre am besten "ein starker McLaren, der Vettel Punkte wegnimmt".