Ein Kinofilm dokumentiert die Karriere des einstigen Fußball-Megatalents. Er spricht über sein Scheitern und das neue Leben in Australien.

KÖLN/BRISBANE. Thomas Broich ist Down Under wieder obenauf. Der ehemalige Bundesliga-Profi hat sein Glück in Australien gefunden – als Mensch und als Fußballer. Im vergangenen März, ein Jahr nach seiner „Flucht“ aus Deutschland, führte Broich seinen neuen Klub Brisbane Roar zum ersten australischen Meistertitel, anschließend wurde der 30 Jahre alte Mittelfeldregisseur zum zweitbesten Spieler der A-League gewählt. Am anderen Ende der Welt erfährt Broich endlich die Wertschätzung, die er in der Bundesliga allzu oft schmerzlich vermisst hatte.

Der Bonner Filmemacher und Grimme-Preisträger Aljoscha Pause hat Broichs Achterbahnfahrt durch das Fußballgeschäft über neun Jahre schonungslos dokumentiert, am Donnerstag kommt der Film „Tom meets Zizou – Kein Sommermärchen“ ins Kino.

Thomas Broich, am Donnerstag ist Kinostart des Films ’Tom meets Zizou - Kein Sommermärchen’, ein Langzeitporträt über den Profifußballer Broich. Sind Sie aufgeregt?

Thomas Broich: "Mittlerweile bin ich eigentlich ganz entspannt. Die erste Aufführung des Films im Rahmen des 11mm-Fußball-Festivals liegt ja bereits ein bisschen zurück. Vor der Uraufführung im März in Berlin war ich aber echt hypernervös, damals habe ich einen krassen Druck verspürt."

Was bedeutet der Film für Sie?

Broich: “Der Film zeigt, welche Entwicklung ich als Mensch genommen habe. Er ist in gewisser Weise heilsam für mich. Dabei ist der Kontrast sehr groß. Als ich vor zwei Jahren in einer halb eingerichteten Wohnung in Nürnberg saß, war ich am Boden zerstört. Nun lebe ich in Australien und bin rundum zufrieden. Das war mein Weg, und der fühlt sich rückblickend auch gut an, obwohl ich viele Fehler gemacht habe.„

Gibt es Szenen, die Ihnen unangenehm sind?

Broich: “Ja klar, es gibt einige Szenen, die mir sogar peinlich sind. Früher habe ich mich in meinem jugendlichen Leichtsinn oft überschätzt. Ich war ein kleiner Klugscheißer und habe mich dazu berufen gefühlt, über andere zu urteilen."

Sie galten einst als große Hoffnung des deutschen Fußballs und standen kurz vor dem Sprung in die A-Nationalmannschaft. Den ganz großen Durchbruch haben Sie jedoch nicht geschafft. Sind Sie am System Bundesliga gescheitert?

Broich: “Nein, ich bin damals einzig und allein an mir selber gescheitert. Es war meine Art, die mir geschadet hat. Ich wollte immer anders sein, und dieses Anderssein hat dafür gesorgt, dass ich zum Außenseiter wurde."

Sie sprechen im Film von einer ausgeprägten Fußball-Depression. Wie muss man das verstehen?

Broich: “Ich habe diesen Begriff bewusst gewählt. Als Fußballer habe ich sehr viele schmerzhafte Erfahrungen gemacht, ich bin da einfach nicht mehr raus gekommen. Wenn es läuft, dann rollt man wie eine Kugel über das Spielfeld. Ich habe mich früher allerdings wie ein Würfel mit Ecken und Kanten gefühlt. Als Mensch habe ich zu dieser Zeit den Fußballer in mir komplett ausgeblendet, ich habe ihn regelrecht verabscheut."

Im Frühjahr 2010 sind Sie nach Australien gewechselt, im März haben Sie mit Brisbane Roar auf Anhieb die Meisterschaft gewonnen. Sie wurden zum zweitbesten Spieler der A-League gewählt. Wie ist dieser sportliche Erfolg einzuordnen?

Thomas Broich: “Die Meisterschaft bedeutet mir sehr viel, es ist mein erster Titel. Vielleicht sind meine Einsätze in der U21-Nationalmannschaft und die Zeit in der Bundesliga sportlich höher einzustufen."

Was ist in Australien anders als in Deutschland?

Broich: “Der Fußball steht hier nicht im Mittelpunkt der Sportberichterstattung, er läuft eher am Rande ab, so wie etwa Handball oder Hockey in Deutschland. Die Egos sind nicht so aufgeplustert, das Geld spielt nicht so eine große Rolle, und die Spieler müssen eine größere Verantwortung für sich selber übernehmen."

Haben Sie in Australien Ihr Glück gefunden?

Broich: “Auf jeden Fall. Es ist eine sehr wertvolle und sehr schöne Erfahrung für mich. Ich genieße jeden Tag. Wegen der Hitze trainieren wir bereits um acht Uhr in der Früh. Wenn wir am Tag nur eine Einheit haben, dann ist bereits um elf Uhr Feierabend. Das bietet einem natürlich viel Gestaltungsspielraum: Ich habe ein Fernstudium in Wirtschaftswissenschaften begonnen, fahre gerne Motorrad oder entspanne am Strand. Wenn ich mir ein Leben ausmalen könnte, könnte es durchaus dieses sein."

Sie haben noch zwei weitere Jahre Vertrag in Brisbane, ist eine Rückkehr in die Bundesliga vorstellbar?

Broich: “Vorstellbar ja, realistisch nein. Ich werde 31, meine Zukunft liegt fußballtechnisch eher woanders."