Erstmals triumphiert ein Australier bei der Tour de France, Tony Martin mit Etappensieg im Zeitfahren.

Paris. Als Cadel Evans in Champagner-Laune über die Champs-Élysées rollte, prostete Frankreich dem ersten australischen Tour-Sieger hochachtungsvoll zu - und auch in dessen Heimat knallten mitten in der Nacht die Korken. Nach teils dramatischen 3430 Kilometern posierte der Triumphator mit den geschlagenen Herausforderern Andy und Frank Schleck, die eigentlich die 98. Tour de France viel mehr geprägt hatten. Doch im Zeitfahren fuhr der lange als zu passiv gescholtene Kapitän des Teams BMC Racing die Konkurrenz beim Sieg von Tony Martin in Grund und Boden und trug das Gelbe Trikot nach Paris. "Das ist der Lohn für jemanden, der eine lange und erfolgreiche Karriere aufweist und sich akribisch auf dieses Rennen vorbereitet hat", sagte Tour-Chef Christian Prudhomme und verneigte sich vor Evans, der mit 34 Jahren einer der ältesten Sieger in der Geschichte ist. "Er ist der erste Gewinner von der südlichen Hemisphäre und steht für die Globalisierung des Radsports", sagte Prudhomme.

Am Sonntag hatten die Sprinter ihren letzten großen Auftritt. Die 21. Etappe über 95 Kilometer gewann wieder Mark Cavendish, der bereits 2009 und 2010 das letzte Teilstück für sich entschieden hatte. Der Brite war ein würdiger Gewinner des Grünen Trikots für den besten Sprinter: Er feierte fünf Etappensiege. Doch die große Bühne gehörte Evans, der erst am Sonnabend im Einzelzeitfahren das Gelbe Trikot von Andy Schleck erobert hatte. Als Dritter des Klassements war er in die entscheidenden 42,5 Kilometer rund um Grenoble gegangen und nahm seinen direkten Widersachern Andy und Frank Schleck (Luxemburg/Leopard Trek) mehr als 2:30 Minuten ab.

Im Schatten der Hauptakteure blieb diesmal der Spanier Alberto Contador (Saxo Bank). Der dreimalige Tour-Sieger konnte seinen Titel nicht erfolgreich verteidigen, ihn erwartet nun die Anhörung zu seinem positiven Dopingtest von 2010. Anfang August wird sich entscheiden, ob der 28-Jährige seinen Erfolg vom Vorjahr behalten darf oder gesperrt wird.

1:06 Minute schneller als Contador war am Sonnabend Tony Martin (HTC-Highroad) gewesen, der damit eine für ihn insgesamt enttäuschende Tour mit einem Ausrufezeichen beendete. Der gebürtige Cottbuser bewältigte seine Spezialdisziplin sieben Sekunden schneller als Cadel Evans und holte seinen ersten Tour-Etappensieg. "Ich bin überglücklich", sagte Martin mit Blick auf den Bildschirm, nachdem selbst Evans seine Zeit nicht mehr unterboten hatte: "Im Moment könnte ich die ganze Welt umarmen. Der Etappensieg war immer ein großer Traum von mir." Nach André Greipel, der das zehnte Teilstück gewonnen hatte, sorgte er für den zweiten deutschen Etappensieg bei der diesjährigen Tour und den 61. insgesamt.