Der HSV-Leichtathlet ist mit seiner Siegesweite von 8,17 Metern bei den Titelkämpfen in Kassel auch wieder ein WM-Kandidat

Kassel. Als Sebastian Bayer zu seinem sechsten und letzten Versuch anlief, war der Weitspringer des Hamburger SV bereits deutscher Meister, zum dritten Mal in seiner Karriere im Freien. Deshalb bedurfte es wohl auch keines zusätzlichen Rückenwinds, um ihn auf 8,17 Meter zu tragen. Drei Zentimeter fehlten dem Hallen-Europameister nach der Landung zwar zur A-Norm für die Teilnahme an der Weltmeisterschaft im südkoreanischen Daegu (27. August bis 4. September), doch Bundestrainer Uwe Florczak wertete die Weite hinterher als Quantensprung. "Damit ist Sebastian nach seiner bislang schwierigen Freiluftsaison wieder ein ernsthafter WM-Kandidat", sagte der Hamburger, "aber endgültig nominiert wird erst am 14. August." Sein Schmunzeln verriet, dass es sich in drei Wochen nur noch um einen formalen Akt handeln könnte.

Eigentlich hatte niemand Bayer diese Leistung bei den deutschen Leichtathletik-Meisterschaften im Kasseler Auestadion zugetraut, am allerwenigsten er selbst. Erst zwölf Tage hatte er nach einer Verletzung der Bizepssehne in der rechten Kniekehle wieder einigermaßen intensiv trainieren können, viel zu kurz, dachte er, um wieder Sprünge über acht Meter machen zu können. "Ich habe mich selbst überrascht", sagte der 25-Jährige, nachdem er sich ein Küsschen seiner Lebensgefährtin Carolin Nytra abgeholt hatte. Die beste deutsche Hürdensprinterin war auch in Kassel nur Zuschauerin, weil ihr Genesungsprozess nicht so weit abgeschlossen ist, dass sie sich Läufe im Grenzbereich zutraut.

In den ist auch Bayer in dieser Saison noch nicht vorgedrungen. Schmerzfrei konnte er den Wettkampf in Kassel unter schwierigen Organisations- und Wetterbedingungen mit Winden aus wechselnden Richtungen und Temperaturen um 15 Grad Celsius jedenfalls nicht absolvieren. Als Einziger schaffte er es jedoch, aus vollem Anlauf das Absprungbrett optimal zu treffen, zumindest im letzten Durchgang. "Da hat endlich alles gepasst. Das wurde auch mal Zeit", sagte Bayer. Sein Rivale, der für die WM qualifizierte Freiluft-Europameister Christian Reif aus Ludwigshafen (Saisonbestweite 8,26 Meter), brachte das Puzzle Weitsprung diesmal nicht zusammen. Mit 7,82 Metern wurde er Zweiter. Es war erst seine dritte Niederlage im achten Duell mit Bayer.

Der hofft nun, in den nächsten fünf Wochen in Bestform zu kommen: "Jetzt werde ich erst mal viel trainieren, denn ich habe noch einigen Rückstand in den Bereichen Kraft und Schnelligkeit aufzuholen." Was dann möglich ist, darüber möchte Bayer nicht spekulieren. "Wenn ich gesund bleibe, sicherlich einiges", sagt er. 8,49 Meter sprang Bayer vor zwei Jahren. Mit dieser Weite wäre in Daegu eine WM-Medaille möglich.

Bayers HSV-Kollege Mario Kral wurde mit 7,66 Metern Siebter, Altmeister Nils Winter, 32, vom BSV Buxtehude schied mit 7,61 Metern als Neunter nach dem Vorkampf aus. Ein Zentimeter fehlte ihm, um in den Endkampf der besten acht zu kommen.

In schlechter Erinnerung wird auch Helge Schwarzer, ebenfalls HSV, die Titelkämpfe behalten. Über 110 Meter Hürden siegte Titelverteidiger Matthias Bühler (Offenburg) in 13,66 Sekunden (WM-Norm: 13,52), Schwarzer, im vergangenen Jahr Vizemeister, blieb in 13,99 Sekunden diesmal nur Rang sechs. "Er kommt trotz guter Trainingsergebnisse nicht richtig in Tritt", klagt sein Heimtrainer Joachim Witt. Auch Schwarzer bleiben drei Wochen, den hohen WM-Anforderungen des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) zu genügen.