Hindernisläuferin Jana Sussmann aus der Nordheide startet bei der U-23-WM in Ostrava

Hamburg. Ein paar Wochen ist es her, da spürte Jana Sussmann, dass sie auf dem richtigen Weg ist. Bei einem Leichtathletik-Sportfest in Regensburg hatte sie den Lauf über 3000 Meter Hindernis gewonnen, als ein kleines Mädchen sie schüchtern um ein Autogramm bat. "Ich habe mich daran erinnert, wie ich selbst Unterschriften gesammelt habe", sagt die 20-Jährige. "Für dieses Mädchen war ich ein Star!"

Jana Sussmann sitzt am Esstisch ihres Wohnzimmers in Winsen (Luhe) und lacht über jene Begebenheit. Wie sie überhaupt viel lacht, wenn sie von sich erzählt, als wäre das, was derzeit über sie hereinbricht, die reine Freude. In der Wohnung, die sie gemeinsam mit einer Freundin erst Anfang des Monats bezogen hat, stapeln sich noch Umzugskisten, aber Jana Sussmann ist trotzdem glücklich. Sie weiß, dass es noch ein wenig dauern wird, bis sie sich in der ersten eigenen Wohnung eingerichtet hat, denn zunächst stehen wichtigere Dinge an.

Am Dienstag reiste die Athletin von der LG Nordheide mit der deutschen Auswahl ins tschechische Ostrava, wo von Donnerstag bis Sonntag die U-23-Europameisterschaften ausgetragen werden. Am Donnerstag um 11.20 Uhr kämpft sie im Vorlauf über 3000 Meter Hindernis um die Qualifikation für den Endlauf am Sonnabend (19.45 Uhr). Weil die 1,66 Meter große und 50 Kilogramm leichte Blondine die deutsche Bestenliste 2011 mit 9:43,29 Minuten souverän anführt, fliegt sie als Medaillenhoffnung nach Tschechien. Sie selbst hofft, den Endlauf zu erreichen.

Erst im Sommer 2010 hatte sie sich von ihrer Lieblingsstrecke, 1500 Meter, ab- und dem Hindernis-Parcours zugewandt. Beim eingangs erwähnten Sportfest in Regensburg erntete Sussmann den Lohn der Mühen des Wintertrainings. Sie verbesserte ihre Bestzeit um sagenhafte 23 Sekunden, knackte in 9:47,91 Minuten die Norm für die jetzt anstehende U-23-EM und die Qualifikation für die Team-Europameisterschaft Mitte Juni in Stockholm. In ihrem ersten großen Wettkampf im Seniorenbereich, "eine Bombe", wie sie sagt, belegte sie hinter der russischen Weltrekordlerin Gulnara Galkina und Sara Moreira aus Portugal den dritten Platz und erreichte in 9:43,29 Minuten sogar die B-Norm für die WM Ende August im südkoreanischen Daegu.

Weil der Wettbewerb live bei Eurosport übertragen wurde, war die angehende Bankkauffrau auf einmal in aller Munde. In der Winsener Haspa-Filiale sprachen sie Kunden an, sogar bei ihren seltenen Ausflügen ins Nachtleben wurde sie erkannt. So richtig geheuer ist ihr der Rummel aber nicht.

In Ostrava und bei den deutschen Meisterschaften in Kassel am letzten Juli-Wochenende kann sie die A-Norm für die WM angreifen (9:43,00 Minuten). Aber sie ahnt: "Vielleicht wäre das alles auch ein bisschen zu viel auf einmal." Gedanken an die WM oder die Olympischen Spiele 2012 in London liegen noch "in einer hinteren Schublade".

Als Neunjährige hatte Jana Sussmann mit Zwillingsschwester Kim beim MTV Laßrönne mit dem Laufen begonnen, das bis heute mehr als Sport ist: "Laufen ist für mich Erfüllung, es macht den Kopf frei."