Der Norweger verteidigte überraschend sein Gelbes Trikot und verlor keine Zeit auf die ärgsten Konkurrenten. Klöden als 13. bester Deutscher.

Super-Besse. Das erhoffte erste Kräftemessen der Topfavoriten bei der Tour de France blieb aus. Die Stars um den dreifachen Sieger Alberto Contador kontrollierten sich im Finale der achten Etappe der 98. Frankreich-Rundfahrt gegenseitig und überließen dem portugiesischen Außenseiter Rui Costa vom Team Movistar den Tagessieg. So konnte der Norweger Thor Hushovd überraschend auch zum sechsten Mal erfolgreich das Gelbe Trikot verteidigen, während Andreas Klöden (Mittweida/RadioShack) auf den vierten Platz in der Gesamtwertung vorrückte.

Der 24 Jahre alte Rui Costa behauptete am Samstag nach 189 km zwischen Aigurande und Super-Besse Sancy einen knappen Vorsprung und sicherte sich den ersten Etappensieg seiner Karriere. Zweiter wurde der Belgier Philippe Gilbert (Omega Pharma-Lotto), der knapp vor den heranstürmenden Aspiranten auf den Gesamtsieg ins Ziel kam und sich erneut das Grüne Trikot zurück erkämpfte. Als Dritter führte der Australier Cadel Evans (BMC Racing) seine Konkurrenten nach dem knapp zwei Kilometer langen Schlussanstieg an. „Ich habe noch viele Chance auf Gelb“, sagte Evans.

Glänzend präsentierte sich auch die deutsche Tour-Hoffnung Tony Martin (HTC-Highroad), die an der Seite von Titelverteidiger Contador (Spanien/Saxo Bank) und dessen Herausforderer Andy Schleck (Luxemburg/Leopard Trek) das Ziel erreichte. Der gebürtige Cottbuser war sogar lange an der Spitze der Favoritengruppe zu sehen. Auch Klöden behauptete seine bislang glänzende Ausgangsposition und war als 13. bester Deutscher der Etappe. Martin rückte in der Gesamtwertung auf Rang sieben. „Ich bin kein Risiko eingegangen und weit vorne gefahren. Dass sich kein Favorit großartig abgesetzt hat, zeigt, dass ich mit den Besten mithalten kann. Ich bin ganz zufrieden“, sagte Martin.

„Ich habe mich gut gefühlt, es war keine schwere Etappe“, sagte Andy Schleck, der sich wie sein Bruder Frank souverän präsentierte. Auch dieser sagte: „Es gab keine Gefahr, wir hatten nie den Gedanken, selbst zu attackieren“. Diese Last liegt auf Contador, der 1:30 Minute und mehr Rückstand auf die Luxemburger aufzuholen hat. „Er muss jede Chance nutzen, die er kriegen kann“, sagte Andy Schleck.

Die Schlussphase war fahrerisch noch einmal höchst anspruchsvoll, da im Zentralmassiv starker Regen einsetzte. Zudem war es für jeden der Tour-Favoriten eine erste Härteprüfung, bevor auf der zwölften Etappe in den Pyrenäen die Karten auf den Tisch gelegt werden. Am Col de la Croix Saint-Robert, der bisher schwersten Bergprüfung der Tour, attackierte Alexander Winokurow (Astana). Der Kasache zwang das Peloton zu reagieren, das Feld wurde bis zum Gipfel weit auseinander gezogen. BMC ließ den Kasachen aber nicht bis zum Ziel gewähren.

Beim Klöden-Team RadioShack ist derweil die Kapitänsfrage klar beantwortet. Klöden ist der Mann, der eine Spitzenposition im Gesamtklassement erreichen soll. Der 36-Jährige sagte vor Etappenbeginn: „Wir werden jetzt sehen, wie die Beine in den Bergen sind. Ich werde mir in Ruhe anschauen, wie schnell gefahren wird, und versuchen, keine Zeit zu verlieren. Ich erwarte nicht, dass die Gesamtwertung gemacht wird.“ Er sollte recht behalten.

Zuvor hatte es für Klödens Team erneut einen herben personellen Rückschlag gegeben. Der Amerikaner Chris Horner konnte am Samstag nicht mehr antreten. Er hatte sich beim Massensturz, in dessen Folge auch der britische Mitfavorit Bradley Wiggins ausscheiden musste, eine Gehirnerschütterung sowie einen Nasenbeinbruch zugezogen und blieb zur Beobachtung zunächst im Krankenhaus.

Levi Leipheimer (USA), der ebenfalls Pech hatte und viel Zeit einbüßte, versprach Klöden alle Unterstützung. „Andreas sieht stark aus und ist sehr gut gefahren in der ersten Woche. Er hat den Riecher für die richtige Position im Feld und kommt genau rechtzeitig in Topform. Die Arbeit für ihn hat Priorität“, sagte Leipheimer vor der achten Etappe. „Levi wird fürs Team fighten. Die Mannschaft rückt jetzt noch enger zusammen“, unterstrich auch Klöden.

Auf der neunten Etappe sind am Sonntag auf den 208 Kilometern von Issoire nach Saint-Flour gleich acht Bergwertungen zu bewältigen, darunter drei der zweiten Kategorie. Bei den Favoriten sind keine entscheidenden Zeitabstände zu erwarten, nach dem Col de Prat de Bouc bei Kilometer 154 warten keine großen Schwierigkeiten mehr. (sid)