Bei den German Open in München hat Golfstar Martin Kaymer zunächst Probleme, zeigt dann aber wieder alte Klasse

München. Schon um sieben Uhr geht auf der kleinen Zufahrtsstraße zum Golfclub Eichenried im Norden Münchens nichts mehr. Nur wer an diesem bayerischen Feiertag ganz früh aufsteht, bekommt Martin Kaymers ersten Abschlag zu sehen, und das wollen weit mehr als erwartet. Alle Parkplätze rund um die Anlage sind dicht, ungewöhnlich für einen ersten Turniertag der BMW International Open. Aber was ist schon noch gewöhnlich oder gar normal, seit dieser Kaymer die deutsche Golfszene wach geküsst hat?

Tausende säumen kurz nach acht die Bahn zehn, auf der Kaymer seine Runde beginnt. "Dass so früh am Morgen die ganze Bahn voller Menschen ist, hat mich wirklich gefreut", sagt er. Fortan wird er den Platz frei räumen für die anderen Spieler, denn die meisten der 15 300 Zuschauer bevorzugen es, mit ihm zu gehen. Kaymer spielt mit Titelverteidiger David Horsey (England) und dem Amerikaner Dustin Johnson, der ihn im Ryder Cup noch hatte schlagen können. Ein Flight, der Spannung verspricht. Doch der Start misslingt mit einem Bogey (ein Schlag über Par).

Schon bei den US Open war Kaymer unzufrieden mit seinem Schwung. Er ließ seinen Trainer Günter Kessler nach München kommen, um gemeinsam daran zu feilen. Die Beine sollen ruhiger stehen, der Oberkörper aufrechter sein, der Schlag flacher. Es gibt viele Feinheiten, an denen er arbeiten möchte ("Weil ich ein Perfektionist bin"), jetzt aber blockiert der Schwung seine Gedanken. "Ich dachte mir: Komm, du spielst seit 15 Jahren Golf, irgendwo muss der Schwung doch sein."

Auf Bahn 18, Kaymers neunter Spielbahn, kehrt seine Präzision endlich zurück. Hier hatte er 2008 Anders Hansen im Stechen bezwungen und als erster Deutscher die BMW Open gewonnen. Hier wartet nun eine bis auf den letzten Platz gefüllte Tribüne auf ihn, und sogar die VIPs sind rechtzeitig gekommen, um von der Terrasse aus Kaymer zu bewundern.

Nur knapp verpasst er das Eagle (zwei Schläge unter Par), nimmt für die zweiten neun Bahnen jedoch einen unübersehbaren Schwung mit und lässt vier Birdies (ein Schlag unter Par) folgen. Mit einer 70er-Runde (37/33) bleiben ihm am Ende für die kommenden Tage beste Aussichten. "Noch liegen 54 Löcher vor mir", sagt Kaymer, "ich möchte am Sonntag im letzten Flight spielen, das hätten diese Fans verdient." Der letzte Flight ist traditionell den Führenden vorbehalten.

Die Tage von München sind keine einfachen für Martin Kaymer. Seine Rolle als Hoffnungsträger und Idol nimmt zum Teil erdrückende Züge an, und dann war da noch dieses Jetlag. Am Dienstag stand Kaymer bereits um drei Uhr früh auf, ging eine halbe Stunde joggen und war schon um halb sechs auf der Anlage. Die Driving Range war noch verschlossen, "aber ich habe ein Stückchen Gras gefunden, um zu trainieren". Fünfeinhalb Stunden schlug er Bälle.

Am Abend organisierte Ausstatter "Boss" eigens für ihn eine Party im Zentrum Münchens. Lange war er an jenem Abend noch da, nahbar, freundlich, ausgelassen. "Mit mir haben wir eine gute Chance, einen Golfboom in Deutschland auszulösen, deshalb mache ich öffentlich so viel wie möglich", erklärt Kaymer. Altmeister Bernhard Langer sagt: "Martin muss lernen, mit dem Druck umzugehen."

Langer selbst musste im Dauerregen spielen und liegt, gehandicapt von den Folgen einer Daumenoperation, nur auf Platz 135 (76). Beachtlich schlugen sich Marcel Siem (69), Alex Cejka (71) und Florian Fritsch (70). In Führung liegt der 24-jährige Engländer Gary Boyd (65), der bereits durch einen zweiten Platz bei den Italian Open auf sich aufmerksam machen konnte.