Hamburger Olympiasieger Andreas Dibowski siegt in Luhmühlen, Andreas Ostholt wird deutscher Meister

Luhmühlen. In der Heide kann ein Fass aufgemacht werden. Besser hätte die Premiere des neuen Luhmühlen nicht inszeniert werden können. Da wird dieses kleine Heidedorf, das sich über viele Jahre hinweg den Ruf für Weltklasse im Sattel erarbeitet hat, mit mehr als elf Millionen Euro erneuert, modernisiert und für die Zukunft fit gemacht. Und dann triumphiert bei der Einweihung auch noch der Lokalmatador gegen die halbe Weltelite.

Andreas Dibowski, der Mannschafts-Olympiasieger von Hongkong, hat das internationale Vier-Sterne-Turnier der Vielseitigkeitsreiter in Luhmühlen gewonnen. Zum ersten Mal übrigens, obwohl er vor 22 Jahren hier schon dabei war. Luhmühlen gewinnen, das heißt, in der Champions League der Buschreiter zu triumphieren.

Diesmal, zur Einweihung der vielen Neubauten, die offiziell von Niedersachsens Ministerpräsidenten David McAllister freigegeben wurden, ist in dem Pferdedorf bei Salzhausen auch die deutsche Meisterschaft ausgetragen worden. In dieser etwas leichteren Drei-Sterne-Prüfung schnappten Andreas Ostholt aus Warendorf und Franco Jeas mit einem Null-Fehler-Ritt im abschließenden Springen dem nach Dressur und Gelände deutlich führenden Kai Rüder aus Fehrmann noch den Titel weg. Kai Rüder hatte mit Leprince des Bois einen sehr selbstbewussten französischen Hengst unter dem Sattel. Und dieser Prinz des Waldes hinterließ auf dem neu angelegten Turnierplatz etwas zu viel Kleinholz. Nach zwei Abwürfen blieb nur Silber vor Titelverteidigerin Julia Mestern auf Schorsch.

Wie bereits die Entscheidung um die deutsche Meisterschaft hätte auch das Finale um die Vier-Sterne-Prüfung kaum dramatischer verlaufen können. Aber genau so ist der Dreikampf im Sattel ja inszeniert: Die nach Dressur und Geländeritt Führenden reiten gemäß ihrer Platzierung zur letzten Entscheidung ein.

Der Hamburger Andreas Dibowski, der mit seiner Ehefrau Susanna einen eigenen Ausbildungs-Stall in Döhle betreibt, musste also als Drittletzter in den Parcours. Und der 46-Jährige, der sich selbst schon als "ewiger Zweiter" eingestuft hatte, weil er zwei Jahrzehnte lang immer vergeblich nach den vier Sternen gegriffen hatte, zeigte sich bei Regen und Sturm ganz cool. "Er reitet nicht auf Vorsicht und Verhalten, sondern so, als wenn ihn das alles nichts anginge", lobte Doppel-Olympiasieger Hinrich Romeike, diesmal Co-Kommentator im NDR Fernsehen. Als Dibowski und der 14-jährige Butts Leon ohne Fehler den Reitplatz verließen, scherzte der Zahnarzt und Gold-Teamkollege von Hongkong: "Jetzt hat er sogar gelächelt."

Nicht lange allerdings. Denn auf die Reiter wartet nach ihrem letzten Sprung in der Vielseitigkeit die Hölle. Sie wissen, sie haben ihr Bestes gegeben und müssen doch im Stillen, wenn auch mit einer Prise schlechten Gewissens, darauf hoffen, dass die Konkurrenten, die noch folgen, jetzt Fehler machen.

Sandra Auffarth und Opgun Louvo ließen Hindernis-Stangen poltern. Dennoch hatte die junge Frau aus Ganderkesee in Luhmühlen für die größte Überraschung gesorgt. In ihrer allerersten Vier-Sterne-Prüfung gegen die Weltelite wurde sie schließlich Zweite.

Als Letzte ritt die führende Piggi French auf ihrer Flying Machine in den Parcours. Die beiden nahmen, strotzend vor Selbstbewusstsein, das erste, das zweite und alle bis zum zwölften Hindernis. Dann aber ritt sie den 13. Sprung etwas zu schräg an. Es polterte, und die Köpfe der Zuschauer unter den Regenschirmen wandten sich wie im Reflex Andreas Dibowski zu. Der lächelte nur und nahm die ersten Umarmungen entgegen.

Da Piggi French sich noch einen weiteren Abwurf leistete, rückte Frank Ostholt, Mannschafts-Olympiasieger mit Andreas Dibowski und älterer Bruder des neuen deutschen Meisters Andreas Ostholt, noch auf den dritten Platz vor.

"Drei unserer Reiter hier an der Spitze", kommentierte mit regennassem, aber glücklichem Gesicht Bundestrainer Hans Melzer. "Ein besseres Vorzeichen für die Europameisterschaft kann es ja nicht geben." Die nämlich wird vom 25. bis 28. August ebenfalls im neuen Luhmühlen entschieden.