Auch sportfremde Persönlichkeiten werden herangezogen, um den Korruptionsvorwürfen zur WM-Vergabe an Katar nachzugehen.

Frankfurt/Zürich. Sie haben mit Fußball nicht viel am Hut, dennoch soll ein "Rat der Weisen" des Fußball-Weltverbandes Fifa die Vergabe der WM 2022 an Katar überprüfen: Fifa-Präsident Joseph S. Blatter kündigte an, dass neben dem 88 Jahre alten Henry Kissinger auch Star-Tenor Placido Domingo der neuen Kommission im Kampf gegen Korruption und Bestechung im Weltverband angehören wird. "Placido Domingo ist sehr stolz und glücklich, dass er dabei ist. Genauso sieht es Henry Kissinger. Die Leute sagen zwar, Kissinger sei ein alter Mann, aber er ist ein weiser Mann", sagte Blatter dem TV-Sender CNN.

Auch der frühere FBI-Boss Louis Freeh sowie die Fußball-Ikonen Johan Cruyff (Niederlande) und Pele (Brasilien) sollen neben dem früheren US-Außenminister Kissinger und Opern-Star Domingo Teil der von Blatter neu ins Leben gerufenen "Lösungskommission" sein. "Diese Personen sind mehr oder weniger Ratgeber. Sie sind keine Experten, aber sie sind Ratgeber. Sie werden den Rat der Weisen bilden. Das wird meinem Exekutivkomitee wahrscheinlich nicht gefallen, weil sie der Überzeugung sind, dass sie der Rat der Weisen sind", sagte Blatter.

Damit ging der 75-Jährige am Dienstag einmal mehr auf Distanz zu dem 24-köpfigen Fifa-Exekutivkomitee, in dem seit vergangenen Mittwoch auch DFB-Boss Theo Zwanziger als europäischer Vertreter sitzt. Der Schweizer Blatter hatte im Zuge seiner Wiederwahl auf dem 61. Fifa-Kongress in Zürich durchgeboxt, dass in Zukunft die 208 Delegierten, und nicht mehr das Exekutivkomitee über die Vergabe der Weltmeisterschaften entscheidet.

Dies kam einer Entmachtung des skandalumwitterte Fifa-Exko gleich, das sich von Korruptionsvorwürfen bei den WM-Vergaben an Russland (2018) und Katar (2022) begleitet sahen. Ohnehin steht die WM 2022 in Katar wegen vermeintlicher Bestechungen am Pranger. Auch Zwanziger hatte eine Überprüfung gefordert.

Die Mitglieder des Exekutivkomitees sollen Schmiergelder in zweistelliger Millionenhöhe erhalten haben. Blatter unterstrich, dass die Ethikkommission und der Rat der Weisen, sobald dieser komplett ist, über eine mögliche WM-Neuvergabe entscheiden werden. "Sollten die Ethik- oder die Lösungskommission der Ansicht sein, dass etwa getan werden muss, dann sollen sie eine Entscheidung treffen", sagte Blatter.

Unterdessen ist IOC-Chef Jacques Rogge zuversichtlich, dass die Fifa den Kampf gegen die Korruption ernsthaft angehen wird. "Ich bin sicher, dass die FIFA - und ich weiß, das ist die Absicht von Sepp Blatter - alles tut, um ein solches Szenario in Zukunft zu vermeiden", erklärte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in einem Interview mit dem Luxemburger Tageblatt.

Das Korruptionsproblem habe das IOC vor den Olympischen Winterspielen 2002 in Salt Lake City auch gehabt und dies durch "eine gute Struktur und Führung" überwunden. "Ich bin überzeugt, dass die Fifa selbst die Strategien findet, um so etwas in Zukunft zu vermeiden. Das IOC hat es nach Salt Lake City jedenfalls getan", sagte Rogge.

Die Macht des Geldes im Sport sieht Rogge dennoch kritisch: "Geld ist notwendig. Wenn man den Sport weiterentwickeln will, braucht man finanzielle Mittel. Das Geld kann aber nur ein Mittel sein, kein Ziel. Es kann nicht sein, dass wir mit unseren Aktivitäten nur Geld verdienen wollen. Wir benötigen das Geld, um den Sport in den Entwicklungsländern voranzubringen. Ich bin der Meinung: Geld erlaubt es, den Sport zu demokratisieren, aber der Sport muss gut organisiert sein."

Blatter-Mails bleiben privat

Entgegen seiner Drohung will Fifa-Vizepräsident Jack Warner nun doch keinen angeblich brisanten E-Mail-Verkehr mit dem wiedergewählten Fußball-Weltverbandschef Joseph Blatter veröffentlichen. Warner erklärte am Sonntag in Trinidad, die Mails würden privat bleiben. Der wegen Manipulationsvorwürfen suspendierte Funktionär begründete dies mit entsprechenden juristischen Ratschlägen aus dem In- und Ausland.

Der Chef des Kontinentalverbandes für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik (CONCACAF) hatte zuvor angekündigt, er werde seinen „Fußball-Tsunami“ fortsetzen. Warner vollzog jedoch binnen weniger Tage zum zweiten Mal eine Kehrtwende. Vor dem Fifa-Kongress in der vorigen Woche hatte er trotz der Vorwürfe gegen Blatter die Mitglieder der Karibischen Fußball-Union (CFU) überraschend aufgefordert, wie zuvor beschlossen für eine Wiederwahl des Schweizers zu stimmen.

(sid/abendblatt.de)