Freitag kommt es in Wien zum Traditionsduell Deutschland gegen Österreich. Jogi Löw plagen Personalsorgen, Ausreden gibt es aber nicht.

Frankfurt/Main. „Ein Spiel gegen Österreich ist immer ein Bruderduell und Prestigekampf“ – für Joachim Löw und seine Spieler wird die EM-Qualifikationspartie in Wien zu einer ganz besonderen Herausforderung. Zwar steigen die nach dem Ausfall von Christian Träsch noch 19 verbliebenen Spieler der Fußball-Nationalmannschaft an diesem Donnerstag als klare Favoriten in den DFB-Sonderflieger LH 342 in die österreichische Hauptstadt. Doch für den „perfekten Saisonabschluss“ am Freitag (20.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) im Wettstreit der Nachbarn und vier Tage später in Aserbaidschan darf sich der WM-Dritte keine Konzentrationsschwächen leisten.

„Die Österreicher waren selten so leistungsstark wie jetzt“, warnte Bundestrainer Löw vor dem mit vielen Bundesligaspielern antretenden Gastgeber. „Mit Sicherheit ist es immer ein brisantes Duell. Es ist immer eine gewisse Rivalität da. Es wird nicht leicht, aber unsere Mannschaft hat die Qualität, in Österreich zu bestehen“, erklärte Kapitän Philipp Lahm zum ganz speziellen Duell.

Seit Cordoba, als die „Ösis“ 1978 den großen Bruder aus der WM in Argentinien warfen, träumen die Nachbarn von weiteren Triumphen. Die letzte deutsche Pleite liegt schon fast 25 Jahre zurück. „Die Erwartungen dort sind immer groß“, weiß Löw auch aus seiner Zeit als Trainer des FC Tirol und von Austria Wien. Und „viertklassig sind sie mit Sicherheit überhaupt nicht“, betonte Lahm am Mittwoch erstaunt auf eine entsprechende Frage nach der Qualität des aktuellen Gegners.

Österreichs Fußball sehnt sich nach einem neuen Cordoba

Zudem ist es für Österreich in der laufenden EM-Ausscheidung die letzte Chance. Während das DFB-Team mit fünf Siegen in fünf Spielen eine makellose Bilanz vorweisen kann, steht Rot-Weiß-Rot mit sieben Punkten nur auf Rang vier der Qualifikations-Gruppe A. Für Lahm ist vor allem die intensive einwöchige Vorbereitung ein Trumpf: „Wir sind gut vorbereitet. Wir wollen drei Punkte einfahren, in Aserbaidschan nachlegen und dann mit positiver Stimmung in die Sommerpause gehen.“

Dass am Mittwoch in dem Stuttgarter Träsch nach den Ausfällen von Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose, Per Mertesacker, Sven Bender und Marco Reus schon der sechste Spieler verletzt passen musste, verunsichert Löw nicht. Träsch war im Training umgeknickt. Eine Kernspintomographie ergab die Diagnose Kapselbandverletzung am linken Knöchel und das Aus für die beiden letzten Saison-Länderspiele.

So hat der Bundestrainer nur noch 16 Feldspieler und drei Torhüter zur Verfügung. Neue Spieler will er dennoch nicht dazuholen. „Wir haben uns im Trainerstab beraten und entschieden, dass es vorerst keine Nachnominierung geben wird. Wir vertrauen den Spielern, die unserem Kader angehören“, sagte der 51-Jährige. Das spricht auch dafür, dass die medizinische Abteilung den Wettlauf mit der Zeit um den Einsatz von Sami Khedira gewinnen kann.

Der 24-jährige Mittelfeldspieler von Real Madrid stieg zwei Tage vor dem Spiel in Wien und sechs Wochen nach seinem Muskelbündelriss wieder voll ins Mannschaftstraining ein. „Er gibt hundertprozentig Gas“, beschrieb Real-Kollege Mesut Özil seine Eindrücke auf dem Übungsplatz. Ob Khedira aber im ausverkauften Happel-Stadion wirklich wieder in der Mittelfeld-Zentrale die Kommandos geben kann, wird Löw mit seinen Trainerkollegen und den DFB-Medizinern erst nach dem Abschlusstraining am Donnerstagabend in Wien entscheiden.

Auch wenn es für Khedira nicht reichen sollte, bleibt Kapitän Lahm von einem Erfolg auf der letzten Mission 2010/11 überzeugt. „Wir haben die Tage genutzt, um unser ganzes System zu verfeinern. Deshalb sehe ich da überhaupt keine Probleme“, betonte der Münchner mit Hinweis auf die Vergangenheit: „Wir haben schon öfter bewiesen, wenn Stammkräfte ausgefallen sind, dass unser System stabil ist.“

Den Konkurrenzkampf hält Lahm ohnehin für unerlässlich, um tatsächlich die Titelgewinne bei der EM 2012 und der WM 2014 angehen zu können. „Bei uns wird kein Spieler nominiert, nur dass er dabei ist. Jeder muss um seinen Platz kämpfen. Nur so funktioniert es in einem Topteam“, betonte der 78-malige Nationalspieler. Lukas Podolski hat das begriffen, der Kölner gibt im Training besonders Gas, um seinen Stammplatz gegen Herausforderer André Schürrle zu verteidigen. Beispielhaft ist für Lahm auch die Situation im Angriff mit Klose und Mario Gomez: „Leider ist Miro verletzt, da ist Mario da und macht die Tore.“ (dpa)