Die Hockey-Nationaltorhüter Tim Jessulat (Alster) und Nico Jacobi (UHC) über Rivalität

Hamburg. Am Sonnabend startet die Feldhockey-Bundesliga der Herren mit dem Derby Uhlenhorster HC gegen Club an der Alster (16 Uhr, Wesselblek) in die entscheidende Phase der Saison 2010/11. In ihrer Mittagspause nahmen sich die Torhüter Tim Jessulat, 31, der im IT-Bereich der Berenberg Bank arbeitet und für Alster spielt, und BWL-Student Nico Jacobi, 23, gestern Zeit, um über ihre Konkurrenzkämpfe in Liga und Nationalteam zu diskutieren.

Abendblatt:

Das letzte Derby zwischen UHC und Alster war das denkwürdige Finale um die deutsche Hallenmeisterschaft Ende Januar in Duisburg, das Alster im Siebenmeterschießen gewann. Wie präsent ist dieses Spiel noch, wenn am Sonnabend die Revanche ansteht?

Tim Jessulat:

Gar nicht. Für die Feldsaison hat es keinerlei Relevanz. Feld und Halle sind verschiedene Welten.

Nico Jacobi:

Dieses Spiel wird am Sonnabend vergessen sein. Wir sind froh, dass ein neuer Anlauf auf den nächsten Titel beginnt. Aber wir haben in der Vorbereitung häufig an die verpasste Chance gedacht. Das war schmerzhaft.

Wie schmerzhaft wird also die Revanche für Alster?

Jacobi:

Ich würde da gar nicht von Revanche sprechen. Für ein verlorenes Endspiel kann man sich nur revanchieren, indem man das nächste Endspiel gewinnt. Ein normales Bundesligaspiel kompensiert das nicht.

Jessulat:

Man muss doch auch sehen, dass wir in der Hallensaison neunmal gegeneinander gespielt haben: zweimal in der Nordgruppe, dann im Finale und zwischendrin in sechs Testspielen. Deshalb hat das einzelne Spiel gar nicht mehr den Charakter, etwas großartig Besonderes zu sein.

Soll das heißen, dass das Derby am Sonnabend ein Spiel wie jedes andere ist?

Jessulat:

Das auch nicht, aber es ist nicht mehr so, dass ich aufwache und denke: Endlich ist Derby-Tag. Dazu kennen wir uns mittlerweile zu gut.

Jacobi:

Der Reiz liegt darin, dass es für die Fans und die Vereine viel wichtiger ist als für uns Spieler. Diesen Hass, den es da früher vielleicht gab, den hat von den heutigen Spielern keiner mehr. Es gibt ja sogar Spieler in beiden Klubs, die eine WG teilen. Es gibt Freundschaften, man geht abends gemeinsam weg.

Das klingt ja nach Harmonie pur. Dabei geht es gerade für Sie beide um einiges, schließlich stehen Sie im direkten Konkurrenzkampf um den Platz im Nationalteam neben dem Kölner Max Weinhold. Wie gehen Sie damit um?

Jessulat:

Ganz entspannt, wir verstehen uns blendend. Bei der Hallen-WM im Februar in Posen, als Max pausiert hat und deshalb Nico und ich dabei sein konnten, haben wir uns sogar ein Zimmer geteilt. Wir haben verstanden, dass es uns und dem Team nichts bringt, wenn es Zoff zwischen uns gibt.

Jacobi:

Auch das Verhältnis mit Max ist gut, aber das ist außergewöhnlich. Wir werden dafür auch von unseren Nationalteam-Kameraden aufgezogen.

Es heißt, Torhüter seien Einzelgänger. Warum denken Sie zuerst ans Team?

Jacobi:

Krieg zwischen zwei Keepern kennt man hauptsächlich aus dem Fußball. Dort ist es existenzbedrohend, wenn der Ersatzkeeper nicht spielt. Im Hockey spielen wir für den Spaß, es ist nicht unser Beruf. Das lässt uns lockerer mit der Situation umgehen.

Jessulat:

Wir sehen den Konkurrenzkampf nicht als die Chance an, den anderen auszustechen, sondern als Chance, dass wir alle besser werden, indem wir uns gegenseitig pushen. Das funktioniert sehr gut, auch weil wir die Entscheidungen in den vergangenen Jahren immer akzeptieren konnten, weil sie gerecht und richtig waren.

Aber es muss doch Phasen geben, in denen Sie denken: Ich bin der Beste, ich muss spielen!

Jacobi:

Natürlich wäre es schön, wenn man gesetzt wäre, aber ich bin selbstkritisch und habe noch nie gedacht, dass ich der Beste bin. Es waren immer enge Entscheidungen, weil wir auf einem Niveau spielen. Und ich weiß, dass das Team mit jedem von uns dreien einen starken Keeper hat.

Jessulat:

Letztlich kommt es immer auch auf das Bauchgefühl des Trainers an. In Polen bei der Hallen-WM beispielsweise, da war Nico einfach den entscheidenden Tick besser drauf als ich, er war frischer und hat sich verdient, das Halbfinale und das Finale spielen zu dürfen. Ich habe das akzeptiert. Wenn man dann aus egoistischen Gründen ein Fass aufmacht, schadet man dem Team und nutzt niemandem.

In der Halle war Nico vorn. Was unterscheidet Halle und Feld, und wer von Ihnen hat im Feld Vorteile?

Jessulat:

Im Feld bekommt man weniger zu tun, dafür ist es psychisch anstrengender, weil man die Konzentration immer hochhalten muss.

Jacobi:

Man steht im Feld viel mehr unter Druck, weil man weniger Möglichkeiten hat, um sich auszuzeichnen. Die Umstellung von Halle auf Feld ist immens. Aber dass da einer von uns Vorteile hat, denke ich nicht.

Gibt es etwas, was Sie vom jeweils anderen gern hätten?

Jessulat:

Ich hätte gern Nicos Größe, weil mir vom Bundestrainer vorgehalten wurde, nicht groß genug zu sein.

Jacobi:

Ich hätte gern Tims Erfahrung.

Auch wenn Sie dem Konkurrenten den Erfolg gönnen: Warum werden Sie bei der Heim-EM im August in Mönchengladbach im Tor stehen?

Jessulat:

Weil ich hart arbeite und meine Erfahrung den Ausschlag gibt.

Jacobi:

Weil ich eine starke Saison spielen werde.

Und warum gewinnen Sie das Derby?

Jacobi:

Weil wir erstmals in dieser Saison alle Spieler dabeihaben und die beste Mannschaft auf dem Platz stehen wird, die der UHC je hatte.

Jessulat:

Es wird verdammt schwer, da zu gewinnen. Aber vielleicht gibt unsere Erfahrung ja wieder den Ausschlag. In der Halle hat es ja auch geklappt.