Die Schwaben blamieren sich in der Formel 1 mit dem Hybridsystem und weiteren Pannen

Als der Rennwagen mit der Typennummer EF01 vergangene Woche in Stuttgart stand, durfte sich die schwäbische Automobilhochburg als stolzer Trendsetter fühlen. Der elektrisch betriebene Bolide der Firma Formulec hat zwar keine Straßenzulassung, soll aber vom kommenden Jahr an nach Wunsch seiner Erfinder den Rennsport revolutionieren, wenn 20 Öko-Autos gleicher Bauart bis zu zwölf Rennen in fünf Ländern bestreiten.

Grün ist in im Ländle, das haben die Landtagswahlen vom Sonntag deutlich gezeigt. Der Daimler-Konzern in Stuttgart-Untertürkheim lässt seit Jahren erfolgreich an umweltschonenden Fortbewegungsmitteln tüfteln, nur die Abteilung Motorsport gab jetzt im fernen Australien eine etwas unglückliche Figur ab und sorgte imagemäßig für einen herben Rückschlag.

Das Energierückgewinnungssystem Kers preist die Formel 1 neben Biosprit und allerlei vereinheitlichter Technik als größten Beitrag zu einer angeblich grüner werdenden Rennserie. Dumm nur für Mercedes, dass beim Grand-Prix-Auftakt ausgerechnet in seinen Autos die Hybridtechnik streikte. Obwohl die Marke mit dem Stern sie mit viel Aufwand für die gesamte Branche entwickelt hat.

Wer Kers in der Formel 1 benutzt, gibt also auch mit einem Stück Mercedes-Know-how Gas. Gern hätten das auch Nico Rosberg und der siebenmalige Weltmeister Michael Schumacher getan, aber das System hatte die drei Tage über starken Wackelkontakt. "Entweder stimmte etwas mit den Sensoren nicht oder es gab Fehlalarm", konstatierte Technikchef Andy Cowell im Magazin "Auto, Motor, Sport".

Im Rennen dann "meldete sich Kers einfach ab", grummelte Rosberg. Ohne die zusätzlichen PS kam er im Albert Park erst in die Verlegenheit, dass ihn Williams-Pilot Rubens Barrichello von der Strecke rammte. "Ich habe ihn hinter mir überhaupt nicht gesehen", sagte Rosberg nach dem unverschuldeten Ausscheiden.

Es war nicht die einzige Panne, die der Silberpfeil-Mannschaft widerfuhr. Ein offenbar falsch justierter Heckflügel sorgte an beiden Wagen für einen Strömungsabriss in den Kurven. Durch das in Training und Qualifikation nur sporadisch funktionierende Kers veränderte sich kontinuierlich die Bremsbalance. "Wir fanden das gesamte Wochenende keine Einstellung", haderte Schumacher.

Natürlich, erst ein Rennen ist vorüber, das Alarmierende für die beiden ratlosen Mercedes-Piloten ist aber, dass offenbar Mechaniker und Ingenieure das Übel nur fassungslos registrieren können. "Um ein Auto zu verbessern, musst du es erst verstehen", mahnt der ehemalige Formel-1-Designer Gary Anderson. Die schnellen Runden von Schumacher und Rosberg am vorletzten Testtag in Barcelona wiegten Mercedes in trügerischer Sicherheit. Tags darauf konnte der runderneuerte Silberpfeil im Regen auf der langen Distanz nicht mehr ausgefahren werden.

Ein Insider des Teams hatte schon vor Wochen in Barcelona eine sehr abfällige Bemerkung gemacht über den MGP-W02. Wegen Problemen mit der Kühlung und der Aerodynamik in der ersten Testphase geriet das Team in Verzug. So konnte es passieren, dass Mercedes trotz der langen Entwicklungsphase erst kurz vor Saisonstart mit Korrekturen aufwartete.

Die Hoffnungen in Melbourne waren dennoch sehr groß, jetzt ist die Enttäuschung riesig. "Das Tempo von Ferrari war ungefähr das, was wir von uns erwartet hatten - vielleicht auch etwas besser. Wir sind aber um eine halbe Sekunde langsamer", analysiert Michael Schumacher. Motorsportchef Norbert Haug behauptet: "Wir wurden unter Wert besiegt." Krisenmanagement ist gefragt, denn selbst bei einer Steigerung in Malaysia in zwei Wochen ist zurzeit nicht absehbar, wie die Silberpfeile in der ersten Saisonhälfte Grand Prix gewinnen wollen. Teamchef Ross Brawn kündigte fast trotzig an: "Es wird Upgrades für Istanbul und Barcelona geben."

Es sollen nicht die gleichen Fehler wie in der vergangenen Saison begangen werden, sagt der Brite. "Wir wollen den Fokus darauf legen, das zu optimieren, was wir schon verwenden. Im Vorjahr sind wir zum Saisonende hin konkurrenzfähiger geworden, weil wir ein besseres Verständnis für das Auto hatten. Darauf konzentrieren wir uns auch für die nächsten Rennen."

Bisher aber fehlt das Verständnis. Bei Mercedes, so scheint es, ist nichts mehr im grünen Bereich.