Der Schwergewichts-Boxprofi verteidigt EM-Titel in Hamburg gegen den Polen Sosnowski

Hamburg. Es waren die bittersten Stunden seiner Karriere, die er Anfang Dezember überstehen musste. Doch wenn Alexander Dimitrenko heute zurückblickt, ist er dankbar für alles, was passiert ist. "Es ist nie schön, wenn man aus eigenen Fehlern lernen muss", sagt der 28 Jahre alte Schwergewichts-Boxprofi aus dem Hamburger Universum-Stall, "aber es war die wichtigste Erfahrung meines sportlichen Lebens."

Am 4. Dezember hätte der gebürtige Ukrainer, der wenige Wochen vorher die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen hatte, in Schwerin seinen EM-Titel gegen den Polen Albert Sosnowski verteidigen sollen. Kurz vor dem Einmarsch in den Ring brach der Zweimeterhüne in seiner Kabine mit Kreislaufkollaps zusammen. Ursache des Zusammenbruchs: Dimitrenko hatte tagelang an einer schweren Magen-Darm-Infektion gelitten, diese aber verschwiegen, weil er nicht als "Weichei" gelten wollte. Er suchte danach einen Psychologen auf und sprach über sein mangelndes Vertrauen in sein Umfeld und sich selbst. Mittlerweile könne er mit Gewissheit sagen, dass es ihm nicht an Selbstvertrauen mangele, wohl aber in manchen Phasen an Entschlossenheit. Deshalb habe er sich vorgenommen, von nun an nur auf seine innere Stimme zu hören und nicht mehr auf das, was über ihn gesagt wird. "Meine innere Stimme hat mich noch nie verraten."

An diesem Sonnabend nun soll das Duell mit Sosnowski nachgeholt werden. Der Kampf findet vor 500 Zuschauern im Universum-Gym an der Walddörferstraße statt, eine Liveübertragung gibt es nur im Internet bei bild.de. Dimitrenko stört das alles nicht: "Für mich ist nur wichtig, dass ich den Titel verteidige; wo das passiert und wer zuschaut, ist unwichtig." Eine Gesundheitsprüfung nach dem Kollaps hatte Unregelmäßigkeiten im Herzrhythmus ergeben, die sich bei einer Nachuntersuchung Mitte Januar jedoch als ungefährlich herausstellten.

Dimitrenko hat neuen Mut getankt und sich vorgenommen, das ihm anhaftende Weichei-Image abzulegen, indem er bissig seinen Traum vom WM-Titel verfolgt. Das Vorurteil, er sei als tief gläubiger Christ ein zu guter Mensch, um anderen wehtun zu können, will er endlich entkräften. "Ich behandle alle Menschen so, wie ich selbst behandelt werden will. Aber im Ring muss ich immer wieder Ausnahmen machen, denn das Boxen ist anders als das Leben", sagt er. Das Boxen ist nicht sein Leben. Ob das für Sascha Dimitrenko ein Vor- oder Nachteil ist, muss sich zeigen.