HSV-Weitspringer Sebastian Bayer behauptet Hallen-EM-Titel, verpasst aber Vorgabe seiner Freundin

Paris. Nicht, dass man Sebastian Bayer falsch verstehe. Er sei "superglücklich" damit, seinen Titel bei den Halleneuropameisterschaften in Paris erfolgreich verteidigt zu haben. Robert Emmijan war 1987 der letzte Weitspringer gewesen, dem das gelungen war. "Aber eigentlich wollte ich weiter springen als 8,16 Meter", gestand Bayer. Vor zwei Jahren in Turin hatte er einen Sensationssprung auf 8,71 Meter gelandet. In diese Sphären brauchte er in Paris nicht vorzudringen, der Vorsprung auf den zweitplatzierten Franzosen Kafétien Gomis war mit 13 Zentimetern auch so deutlich genug.

Aber fünf Zentimeter mehr hätten es für den 24-Jährigen vom HSV schon sein dürfen. Dann nämlich hätte Bayer die familieninterne Wette mit seiner Freundin, der aus Hamburg stammenden Hürdensprinterin Carolin Nytra (Mannheim), gewonnen. "Ich hatte mit Caro eine Abmachung: Was sie in Hundertstel unter acht Sekunden läuft, muss ich in Zentimetern über acht Meter springen." Nytra, 26, hatte am Freitag in persönlicher 60-Meter-Bestzeit von 7,80 Sekunden ihren ersten großen internationalen Titel gewonnen.

"Beide haben sich wieder total motiviert", sagte DLV-Chefcoach Herbert Czingon. Das mit der Wette sei ohnehin nur ein kleiner Gag gewesen, wie der Hamburger Weitsprung-Bundestrainer Uwe Florczak versicherte. Er attestierte Bayer "einen tollen Wettkampf: Einige der vier ungültigen Sprünge waren bombastisch." Auch wenn die Anlage nicht die ganz großen Weiten hergegeben habe, sei Bayers Leistung kaum genug zu würdigen: "Einen Titel zu gewinnen ist etwas Besonderes. Ihn zu behaupten ist das Größte."

Zumal nicht viele Bayer ein solches Comeback zugetraut hätten. Im Sommer 2009 hatte er sich kurz vor der Heim-WM in Berlin am Fuß verletzt. Nach einer Operation war er in der vergangenen Saison zu spät in Form gekommen, um sich noch für die EM in Barcelona zu qualifizieren. Jetzt ist mit Bayer laut Florczak wieder zu rechnen: "Seine Geschwindigkeit ist da. Wenn Europameister Christian Reif wieder gesund ist, können wir uns auf spannende Wettkämpfe freuen."

Auch Nils Winter vom Buxtehuder SV traut Florczak noch große Sprünge zu. Der 33-Jährige, 2009 noch Zweiter, war diesmal mit 7,61 Metern in der Qualifikation gescheitert. "Er hatte Pech mit dem Balken und wurde weit unter Wert geschlagen", sagte sein Trainer Florczak. Die Entscheidung bei den Frauen fiel ohne deutsche Beteiligung. Nadja Käther vom HSV hatte die Qualifikation fürs Finale mit nur einem gültigen Sprung auf 6,36 Meter verpasst.

Den buchstäblichen Höhepunkt der EM setzte Stabhochspringer Renaud Lavillenie. Der Franzose siegte mit Landesrekord und Jahresweltbestleistung von 6,03 Metern. Malte Mohr (München) gewann mit 5,71 Metern Bronze. Frankreichs Dreisprungweltmeister Teddy Tamgho verbesserte sogar seinen Weltrekord auf 17,92 Meter.

DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen konnte nach zehn Medaillen wie in Turin eine "hervorragende Bilanz" ziehen. Am Schlusstag komplettierten die Stabhochspringerinnen Silke Spiegelburg (Leverkusen) und Kristina Gadschiew (Zweibrücken) als Zweite und Dritte die Medaillensammlung. Einen Doppelsieg hatte es am Freitag im Kugelstoßen durch Ralf Bartels (Neubrandenburg) und David Storl (Chemnitz) gegeben. Ihre Disziplinkolleginnen Christina Schwanitz (Thum) und Josephine Terlecki (Magdeburg) gewannen Silber und Bronze. Silber gab es auch für 400-m-Läufer Thomas Schneider (Potsdam).