Bei der nordischen Ski-WM in Oslo sollen die Skispringer die deutsche Bilanz aufpolieren

Oslo. Die Langläufer kommen nach einer schwierigen Saison nur schleppend in Form; die Kombinierer haben seit fast fünf Wochen keinen echten Wettkampf mehr bestritten: Vor den nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oslo hofft der Deutsche Skiverband (DSV) mehr denn je auf einen Höhenflug seiner "Adler" um den neuen Vorflieger Severin Freund. "Sechs bis acht Medaillen" lautet die Vorgabe von Sportdirektor Thomas Pfüller für die WM im "Mekka des Skisports". Nur: Einige Athleten zweifeln - und die Konkurrenz scheint übermächtig.

Severin Freund ist der einzige deutsche Weltcup-Sieger in diesem Winter - doch selbst der Shootingstar der Skisprungszene zählt sich in Oslo "nicht zu den Favoriten. Das ist meine WM-Premiere, ich sehe mich eher als gefährlichen Außenseiter." Gefährlich - das immerhin. Dieses Prädikat tragen bei der WM ab dem ersten Wettkampf am morgigen Donnerstag nur wenige deutsche Athleten. "Wir sollten uns als Verband trotzdem immer hohe Ziele setzen", sagt Pfüller fast trotzig. Das Rekordaufgebot mit 31 Startern habe großes Potenzial, an den erfahrenen Trainern Behle, Schuster und Weinbuch sei es nun, dieses auch abzurufen.

Jochen Behle, Bundestrainer Langlauf, hat nach einer von vielen Krankheiten geprägten Saison jedoch Bedenken. "So etwas habe ich noch nie erlebt", sagt er über den "Seuchenwinter", der alle Topläufer zeitweise flachlegte. "So wie es bisher gelaufen ist, müssen wir doch froh sein, dass wir fast alle rechtzeitig gesund bekommen haben", sagt Behle. Seine gebeutelten Langläufer will er sehr dosiert einsetzen, sein Fokus liegt daher auf den Team-Entscheidungen.

Das gilt insbesondere für die Frauen um Evi Sachenbacher-Stehle. Die zweimalige Olympiasiegerin selbst spricht von einer "absolut verteufelten Saison" mit einigen Infekten und einer Nahrungsmittelunverträglichkeit, die aber mittlerweile behoben ist. Bei der Generalprobe am Sonnabend in Drammen reichte es gleichwohl nur zu Platz 50. Ausgerechnet die nach dem Rücktritt von Teamsprint-Olympiasiegerin Claudia Nystad erfahrenste Athletin ist "unser größtes Sorgenkind", sagt Behle: "Es bleiben viele Fragezeichen." Das gilt auch für Axel Teichmann und Tobias Angerer, die nach krankheitsbedingten Ausfällen zuletzt immerhin aufsteigende Form zeigten. "Ich fahre nicht nach Oslo, um Fünfzehnter oder Zwanzigster zu werden", sagt Teichmann kämpferisch.

Einkalkulieren kann der DSV eine Langlauf-Medaille aber kaum, umso mehr kommt es deshalb auf die Skispringer an. "Das Minimalziel ist eine Medaille", sagt Werner Schuster, obwohl Edelmetall in beiden Teamwettbewerben realistisch ist. Dazu hat Routinier Michael Uhrmann gute Chancen auf der Normalschanze, und dann ist da ja auch noch Freund. "An guten Tagen kann er alle schlagen", sagt Schuster über den zweimaligen Saisonsieger.

Pfüller allerdings warnt: "Man sollte Severin nicht den Rucksack mitgeben, Medaillenkandidat Nummer eins zu sein. Da gibt es andere." Auch Martin Schmitt? "Martin ist Mr. WM, in Oslo kann der Knopf aufgehen", sagt Schuster. Die erste Springer-Medaille könnte der DSV schon am zweiten WM-Tag gewinnen - bei den Frauen. Bei 17 Springen flogen sie fünfmal aufs Podium, Bundestrainer Daniel Vogler aber meint: "Uns fehlt eine absolute Siegspringerin."

Auch die Kombinierer standen in dieser Saison noch nicht ganz oben - dass sie nicht mit den größten Erwartungen an den Holmenkollen kommen, liegt aber an der erzwungenen Wettkampfpause. "Das ist gerade für unsere junge Mannschaft nicht einfach: Es fehlen die Erfolgsbestätigungen aus den Wettbewerben", dämpft Hermann Weinbuch.