Die sportliche Bilanz der deutschen Gastgeber bei der alpinen Ski-WM fällt dürftig aus

Garmisch-Partenkirchen. Fünf Jahre für zweimal 50 Sekunden - mit dieser griffigen Formel hat Skirennläufer Felix Neureuther, 26, neulich einmal seine Vorbereitungszeit auf den Karrierehöhepunkt mit der tatsächlichen Fahrtzeit dort in Relation gesetzt. Dass er sie gestern in seinen Slalomläufen nicht einmal ausschöpfte, gehört zu den unerquicklichen Pointen dieser Heim-Weltmeisterschaften in Garmisch-Partenkirchen: Nach Durchgang eins lag Neureuther mit mehr als zwei Sekunden hoffnungslos zurück, im zweiten schied er dann ungestüm aus.

"Das ist schon bitter", klagte der Partenkirchener deprimiert, "aber irgendwo auch eine kleine Befreiung, dass es mit der WM nun abgeschlossen ist." An Neureuthers Stelle enterten der neue Weltmeister Jean-Baptiste Grange aus Frankreich, der Schwede Jens Byggmark und der Italiener Manfred Moelgg das Siegerpodest. Der zweite deutsche Starter, Fritz Dopfer, belegte Platz 21, der dritte, Stefan Luitz, scheiterte im ersten Durchgang.

Ursprünglich als finale Kulmination der Emotionen gedacht gewesen, entpuppte sich das letzte Wochenende für die Gastgeber als Reinfall. Die ehedem so hochgelobten Frauen aus der deutschen Slalommannschaft wedelten am Sonnabend - mit Ausnahme von Maria Riesch (4.) - derart gehemmt, dass Alpindirektor Wolfgang Maier in Anbetracht ihrer Körpersprache glaubte, "dass sie lieber auf der Rückseite des Bergs hinuntergefahren wären als ins Stadion hinein". Und Neureuthers sonntäglicher Plan, "hier eine besondere Präsentation abzuliefern vor dem Publikum, war nicht das, was man sich vorgestellt hat".

So fiel Maiers Fazit nach Rieschs zwei Bronzemedaillen aus der ersten WM-Woche mittelprächtig aus. "Wir sollten das Thema nicht zu negativ sehen, wir gehen nicht mit einer Nullnummer nach Hause. Ich kenne das Geschäft und die Aufs und Abs. Aber ganz zufrieden bin ich nicht, dann wäre ich auch auf dem falschen Posten. Eigentlich hätten wir von den Riesenslalom- und Slalomwettbewerben mehr erwartet. Aber", sagte Maier, "wir haben von vornherein gesagt, dass es nicht leicht wird, drei Medaillen zu erreichen. Die Schweizer zum Beispiel haben sechs bis acht Medaillen als Ziel ausgegeben - jetzt haben sie nur eine."

Augenfällig war am Wochenende, dass die Wettkämpfe vor eigenem Publikum viele Athleten des Deutschen Skiverbands (DSV) eher hemmten denn beflügelten. "Es war eigentlich alles perfekt vorbereitet", sagte etwa Neureuther, "aber vielleicht war es ein bisschen viel, was auf mich eingeprasselt ist." Maier kündigte an, nach der Saison "einige Dinge" verändern zu wollen, etwa mit Blick auf die Athletenförderung. Als eine "Reaktion der Bestrafung" will er das aber nicht verstanden wissen.

Auf dem richtigen Weg wähnen sie sich im Verband allemal. "Wir gehen mit großer Zuversicht in die Zukunft", sagte DSV-Präsident Alfons Hörmann. Mithilfe der WM sei es gelungen, Garmisch-Partenkirchen noch mehr als bislang zum nationalen alpinen Zentrum zu machen. Die Kandahar-Piste wird nach dem teuren Umbau künftig beispielsweise dauerhaft zum Speedtraining genutzt werden können, auf dass der Rückstand im internationalen Vergleich in den Disziplinen Abfahrt und Super-G verringert werde.

Den Alpinen winkt dafür Extrageld. "Die WM wird finanziell ein Erfolg werden", sagte der Chef des Organisationskomitees, Peter Fischer. Der Überschuss soll in die Entwicklung des alpinen Leistungssports fließen, dem der DSV weiterhin eine herausragende Bedeutung beimisst. Rund 50 Prozent der Verbandsmittel für den Leistungssport fließen in die Prestigesparte, ungleich zahlreichere Erfolge in anderen Disziplinen hin oder her.

Knapp 130 000 Zuschauer besuchten an den Wettkampftagen die Stadien, die nur in etwa zur Hälfte ausverkauft waren. Mit Blick auf die Fernsehquoten prognostizierte der Schweizer Präsident des Ski-Weltverbands Fis, Gian Franco Kasper, einen Zuwachs von etwa drei Prozent. "Das macht uns wirklich glücklich. Es waren hervorragend organisierte Weltmeisterschaften. Das Publikum war einmalig, es ist von A bis Z präsent gewesen."

Aus Jubelbildern und wohlorganisiertem Remmidemmi gleichwohl Rückschlüsse zu ziehen auf Deutschlands Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 mit München, Garmisch-Partenkirchen und Schönau am Königssee wäre nicht nur verfrüht, sondern allzu gewagt. Schließlich interessiert der auf vergleichsweise wenige Regionen der Erde beschränkte Wintersport nur ein Teil der stimmberechtigten Mitglieder im Internationalen Olympischen Komitee (IOC).

Die WM, orakelte deshalb IOC-Mitglied Kasper, könne "eine Visitenkarte für die Münchner Olympiabewerbung sein. Ob sie aber das Stimmverhalten beeinflusst, kann ich nicht sagen." DSV-Präsident Hörmann merkte süffisant an: "Wenn's denn nicht klappen sollte mit der Bewerbung, wird es an der WM nicht gelegen haben."