Boxweltmeister Felix Sturm deklassiert Hearns und will eine deutsch-deutsche Titelvereinigung

Stuttgart. Da saß er nun auf seinem blauen Klappstuhl und schüttelte den Kopf. Er hatte alles versucht, war in den Pausen in die blaue Ecke gesprungen, um Ratschläge zu erteilen, hatte während der Runden lautstark zu dirigieren versucht, doch nach nicht einmal sieben Runden musste Thomas Hearns einsehen, dass ein berühmter Nachname eben nicht ausreicht, um zu Berühmtheit zu gelangen. Aus Stefan Beckenbauer wurde kein Fußball-Nationalspieler, aus Walter Kohl kein großer Staatsmann, und aus Ronald Hearns wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch kein Weltmeister im Profiboxen.

Ronald Hearns ist der Sohn des "Hitman", der in den 70er- und 80er-Jahren in sechs Gewichtsklassen, von Welter- bis Cruisergewicht, WM-Titel gewinnen konnte. Was er in der Nacht zum Sonntag in der Porsche-Arena gegen WBA-Mittelgewichts-Superchampion Felix Sturm zeigte, war nicht im Ansatz eine Kopie dessen, was sein heute 52 Jahre alter Daddy einst aufführte. "Ronald hat alles gegeben, aber Sturm war einfach besser", sagte Hearns senior, nachdem er sich vergewissert hatte, dass sein Junior die cross geschlagene Rechte, die eine halbe Minute vor dem Ende der siebten Runde ungebremst in seinem Gesicht eingeschlagen war, halbwegs gesund überstanden hatte.

Es gehört zu den Gesetzmäßigkeiten der Branche, dass Sturm, der sich seit seiner Trennung vom Hamburger Universum-Stall im vergangenen Jahr in Eigenregie vermarktet, den Gegner in höchsten Tönen lobte. "Er war bestens eingestellt, hat mich mit seinem Jab auf Distanz gehalten und in der fünften Runde einmal kräftig erwischt. Es hat sich ausgezahlt, dass ich den Druck hochgehalten habe", sagte Sturm.

Selbst wenn man Hearns zugute hält, dass er sich in der zweiten Runde den Mittelfinger der linken Hand brach, muss man konstatieren, dass er für die Ansprüche eines Weltmeisters mindestens eine Klasse zu schwach war. Er hatte kaum Schlaghärte, seine Deckung war so offen, dass jede Führhand, die Sturm schlug, ihr Ziel erreichte. Als Sturm ab Runde fünf begann, die Rechte zu benutzen, war das Duell entschieden. Einen Mann wie Hearns zu verpflichten und sich danach für den Sieg zu feiern, das ist so, als würde sich die deutsche Nationalmannschaft Ungarn als Gegner holen, weil dieses Land einst eine Fußballmacht war, und sich dann daran ergötzen, die Unterlegenen an die Wand gespielt zu haben.

Sturm bewies jedoch, dass er mehr gelernt hat in den vergangenen Monaten als nur den optimierten Einsatz seiner rechten Hand. Der Mann, der sich von Ringsprecher Michael Buffer mit seinem neuen Kampfnamen Leonidas zum pompösen Walk-in rufen ließ, will ab sofort auf öffentliche Ankündigungen verzichten. "Meine Worte werden immer auf die Goldwaage gelegt, deshalb werde ich nichts mehr sagen, bevor die Verträge unterschrieben sind", sagte Sturm in Anspielung auf die Kritik, die schon im Vorfeld an der Auswahl seines Gegners aufgekommen war.

Für einen, der nur noch große Kämpfe machen wollte, mag es clever sein, verbal einen Gang herunterzuschalten, wenn er spürt, dass der Zuschauer auch mit Gegnern vom Kaliber Hearns zufriedenzustellen ist. SAT.1-Sportchef Sven Froberg kündigte an, die bislang nur auf einzelne Kampfabende angelegte Zusammenarbeit weiterführen zu wollen. Jedoch hätte SAT.1 am 18. Juni in Köln gern einen "richtigen Knallerkampf". Ein solcher wäre eine Titelvereinigung mit einem deutschen Weltmeister. Davon gibt es im Mittelgewicht mit Sebastian Zbik (WBC) und Sebastian Sylvester (IBF) zwei. "Ein Duell deutscher Weltmeister würde Geschichte schreiben", sagte Sturm.

Zbik, der den Hearns-Kampf als einer von 4,74 Millionen Zuschauern live im TV sah und mäßig beeindruckt war, stünde bereit. "Felix ist mein Wunschgegner, und ich rechne mir durchaus gute Chancen aus", sagte der 28-Jährige vom Hamburger Universum-Stall. Für Sturm wäre auch ein Ausflug ins Supermittelgewicht denkbar, um dort WBO-Champion Robert Stieglitz zu fordern. "Es gibt viele interessante Gegner", sagte er. Nun muss er nur noch anfangen, diese zu verpflichten.