Vor seinem WM-Kampf gegen Ronald Hearns spricht Box-Weltmeister Felix Sturm über die Schwierigkeiten, namhafte Gegner zu bekommen

Stuttgart. Am Sonnabend (22.15 Uhr, Sat.1 live) wird Mittelgewichtsprofi Felix Sturm, 32, seinen WBA-WM-Titel in der Stuttgarter Porsche-Arena gegen den US-Amerikaner Ronald Hearns, 32, verteidigen. Dabei wollte er eigentlich nur noch große Kämpfe machen. Im Abendblatt stellt er sich der Kritik.

Hamburger Abendblatt:

Herr Sturm, als Sie sich im vergangenen Jahr selbstständig gemacht haben, haben Sie angekündigt, nur noch gegen die Besten boxen zu wollen. Jetzt treten Sie gegen die Nummer 49 der unabhängigen Weltrangliste an. Wie passt das zusammen?

Felix Sturm:

Ich gebe nicht viel auf diese Computer-Ranglisten. Ronald Hearns ist ein sehr guter Gegner, er hat nur eine Niederlage in seiner Kampfbilanz und vor allem den unbedingten Willen, seinem berühmten Vater nachzueifern. Deshalb verdient er mehr Respekt. Ich bin mir sicher, dass mir ein harter Kampf bevorsteht.

Ihr Engagement als Verkäufer in eigener Sache in allen Ehren, aber den großen Namen verdankt Ihr Gegner einzig seinem Vater, Thomas "Hitman" Hearns. Ist es nicht Ihr Anspruch, die Gegner zu bekommen, die ihre großen Namen selbst erarbeitet haben?

Sturm:

Das Problem ist, dass die ganz großen Namen derzeit gar nicht da sind. Ich hätte gegen Sergio Martinez boxen können, aber den kennt hier niemand. Wir waren mit Ricardo Mayorga einig, doch dann hat er das Angebot erhalten, in den USA gegen Miguel Cotto anzutreten und eine Millionenbörse zu kassieren. Das war Pech. Alle anderen, die wir angefragt haben, Leute wie Kermit Cintron oder Peter Manfredo, hatten zwar eine große Schnauze, aber nach Deutschland wollte niemand kommen. Der Pay-TV-Sender HBO wollte mich in die USA holen, aber mein Markt ist Deutschland, hier will unser Partner Sat.1 mich den Fans präsentieren.

Spüren Sie jetzt, wie teuer die Großen sind, und können Sie sich nicht leisten, diese nach Deutschland zu holen?

Sturm:

Wir haben eine Menge Geld geboten, einigen mehr, als sie in drei Kämpfen drüben verdienen. Aber die trauen sich letztendlich dann nicht, hier anzutreten. Dennoch verstehe ich die Kritik nicht. Als ich noch bei Universum war und gegen schwache Gegner wie den Japaner Koji Sato geboxt habe, gab es nicht einmal halb so viele Beschwerden. Immerhin hole ich mir keinen Unbekannten aus dem tiefsten Russland, den ich dann großrede. Ich investiere in Gegner mit Klasse und Bekanntheit. Beides hat Ronald Hearns, der, nebenbei bemerkt, auch teuer ist.

Was ist mit Titelvereinigungen gegen die anderen deutschen Weltmeister Sebastian Sylvester und Sebastian Zbik? Ist das im Zweifel nicht die bessere Alternative?

Sturm:

Ehrlich gesagt reizt mich an diesen Kämpfen lediglich der Titel, den die beiden haben. Sportlich bringen mir diese Duelle nicht viel. Sylvester habe ich schon einmal klar geschlagen. Ich habe mit seinem Promoter Kalle Sauerland gesprochen, der wollte zu Verhandlungen nach Köln kommen. Gehört haben wir dann nie wieder was, nur über die Presse. Das ist typisch für die, große Klappe und nichts dahinter. Und Zbik? Was hat der schon erreicht? Er hat den WBC-Titel geschenkt bekommen, weil Martinez ihn niederlegen musste. Er hat keinen namhaften Gegner besiegt. Ich kann mittlerweile nur noch darüber lachen, dass viele meinen Namen benutzen, um sich eine gute Börse zu verschaffen. Aber dennoch: Für Deutschland sind diese Kämpfe sicherlich interessant, und die Titel reizen mich auch. Ich bin also für jedes Gespräch offen.

Auch Arthur Abraham wird schon wieder als möglicher Gegner gehandelt.

Sturm:

Ja, das begreife ich auch nicht. Glaubt denn sein Promoter Sauerland nicht daran, dass er im Super-Six-Halbfinale gegen Andre Ward gewinnt? Ich habe das Gefühl, die haben Abraham aufgegeben. Wenn er gegen Ward verliert, weiß ich allerdings auch nicht, ob er für mich noch interessant ist, bei dann drei Niederlagen in Serie. Ich fühle mich in dem bestätigt, was ich seit Jahren sage: Arthur ist ein Hauer, er hat boxerisch nichts drauf. Das hat die Welt spätestens bei der Niederlage gegen Carl Froch gesehen.

Denken Sie, irgendwann den Status der Klitschko-Brüder erreichen zu können, dass die Menschen Ihre Kämpfe anschauen, egal, gegen wen Sie antreten?

Sturm:

Ich würde diesen Status gern erreichen, und ich denke, dass ich auf einem guten Weg bin; das zeigt das große Interesse, das ich spüre. Allerdings bleibe ich dabei, dass es mir persönlich nicht egal ist, gegen wen ich antrete. Ich will die Besten! Aber die müssen sich auch einfach mal trauen.

Sie sind Ihr eigener Herr, in alle Entscheidungen eingebunden. Wann sind Sie so weit, als Promoter aufzutreten?

Sturm:

Ich möchte derzeit nicht zweigleisig fahren, weil meine Konzentration einzig auf meiner aktiven Karriere liegt. Ich habe ein großartiges Team. Die Zeit, die ich dann noch habe, gehört meiner Familie und mir. Allerdings lebe und atme ich das Boxen seit 20 Jahren, ich gucke mir viel ab von den Leuten um mich herum, und wenn ich in vier, fünf Jahren aufhöre, dann könnte mich das Promoter-Business schon reizen.