Felix Neureuther begeistert sich für den noch jungen Team-Wettbewerb und hofft auf eine Medaille bei der Ski-WM

Garmisch-Partenkirchen. Die Zeit der freiwillig gewählten Abgeschiedenheit hat Spuren hinterlassen bei Felix Neureuther. Eine Woche verbrachte Deutschlands bester Skirennläufer zuletzt auf der Reiteralm in Österreich, um Slalom zu trainieren und um dem Remmidemmi in Garmisch-Partenkirchen zu entgehen. Neureuther hat das temporäre Eremitendasein genossen, aber heute nun steht sein erster WM-Einsatz an, er ist für den Teamwettbewerb nominiert (10.40 Uhr/ ARD und Eurosport) und ganz froh darüber. "Ich gehe mit Vorfreude heran", feixt der 26 Jahre alte Filou, "weil ich zusammen mit den Mädels fahren darf."

Das Engagement in einem Wettbewerb, dessen Regeln noch am Montagabend nicht einmal er selbst fehlerfrei wiedergeben konnte, ist für Neureuther junior ein willkommener Aufgalopp in seinen Heimweltmeisterschaften - nicht nur wegen der ungewöhnlichen Mannschaftskonstellation. "So ein Event ist eine gute Einstimmung auf die WM. Du versuchst, dein absolutes Maximum herauszuholen. Der Kampf Frau gegen Frau und Mann gegen Mann ist was Spezielles. Da können definitiv große Überraschungen passieren", sagt Neureuther. Im besten Falle springt sogar eine Medaille heraus, wie 2005, als die deutschen Skifahrer unerwartet Gold holten.

Felix Neureuther war damals mit 20 Jahren in Bormio (Italien) daran beteiligt ("Wir sind alle über uns hinausgewachsen"), so eine Erinnerung ist ja nicht die unangenehmste. Gleichwohl ist die Ausgangslage bei dieser WM eine andere: Der Filius der lokalen Skilegenden Rosi Mittermaier und Christian Neureuther strebt im Slalom am Sonntag seriös eine Medaille an. Er sagt: "Wir haben uns super vorbereitet, sind für alles gerüstet." Dabei ist die Saison bislang nicht unbedingt so gelaufen, wie er sich das vorgestellt hatte. Im Slalomweltcup belegt Neureuther Rang elf, in Schlagweite des Podests war der zweimalige Weltcupgewinner den Winter über recht selten gewesen; im letzten Slalomrennen in Schladming (Österreich) Ende Januar wurde er Elfter. Dennoch bleibt Neureuther zuversichtlich, schließlich kennt er das Terrain am Gudiberg von der Pike auf.

Und dann ist da ja noch der Riesenslalom am Freitag, der das nötige Selbstvertrauen festigen könnte. Neureuther hat sich deutlich verbessert, auch wenn "die Konstanz in dieser Saison ein bisschen gefehlt hat", wie Karlheinz Waibel sagt. Der Bundestrainer erklärt: "Es war die Intention, eine zweite Disziplin zu etablieren, damit nicht immer alles nur am Slalom hängt. Dort ist der Druck nicht riesig. Wenn Felix zwei konstant schnelle Läufe hinbekommt, ist ihm in dem schweren Terrain, wo fast jeder Fehler machen wird, einiges zuzutrauen." Neureuther selbst sagt zu seinen Erwartungen an Freitag: "Eine Platzierung unter den Top 15 oder Top 10 ist definitiv drin."

So gesehen ist der Teamwettbewerb heute eine gute Hinleitung auf die Einzelstarts. Nicht alle Rennläufer mögen das ungewohnte direkte Duell auf der Piste mit einem Rivalen - Neureuther gehört in jedem Fall zur anderen Spezies. "Er mag das, und er hat in München gezeigt, dass er damit umgehen kann", lobt Waibel mit Blick auf das City-Event am 2. Januar im Olympiapark, das sein bester Techniker auf Platz vier abschloss.

Einen gewissen Unernst gegenüber dem vielerorts ungeliebten Mannschaftsfahren verbittet sich Neureuther nachdrücklich: "Diese neue Art des Teamwettbewerbs ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Von uns Sportlern hasst es jeder zu verlieren - also wird alles probiert, dort zu gewinnen. Es geht schließlich auch um Medaillen. Das wird niemand auf die leichte Schulter nehmen." Neben ihm wird der Deutsche Skiverband (DSV) als zweiten Athleten voraussichtlich Fritz Dopfer nominieren.

Bei den Frauen erklärte gestern das Weltklasse-Riesenslalom-Trio Maria Riesch (Grippe), Kathrin Hölzl (Rückenbeschwerden) und Viktoria Rebensburg (Atemprobleme) seinen Verzicht. "Eine Teammedaille schön und gut - "aber wenn die Einzeldisziplin am nächsten Tag stattfindet, hat sie definitiv höhere Priorität", findet nicht nur Felix Neureuther. Stattdessen werden Lena Dürr und Veronika Staber zum Einsatz kommen. Beide möchten sich auch für den Riesenslalom am Donnerstag in Position bringen. Für Stefan Luitz und die überraschend nachgerückte Veronique Hronek dürfte nur die Ersatzrolle infrage kommen.