Ex-HSV-Star Rafael van der Vaart trifft mit Tottenham im Achtelfinale der Champions League auf den AC Mailand. Davor sprach er mit dem Abendblatt.

London. Beim ersten Auftritt von Tottenham Hotspur im San-Siro-Stadion in dieser Champions-League-Saison fehlte Rafael van der Vaart noch. In der Gruppenphase unterlagen die Engländer bei Inter Mailand 3:4. Mit einem solchen Ergebnis wäre der ehemalige HSV-Profi im heutigen Achtelfinalspiel beim AC Mailand (20.45 Uhr/Sky) sicher nicht unzufrieden.

Abendblatt: Herr van der Vaart, wie groß schätzen Sie die Chancen ein, sich mit Ihrem Klub für das Viertelfinale der Champions League zu qualifizieren?

Rafael van der Vaart: Die Konstellation ist für uns von Vorteil, da wir zuerst auswärts in Mailand spielen müssen und im Rückspiel an der White Hart Lane.

Sie sind mit den "Spurs" Gruppensieger geworden, haben dabei vor allem zu Hause mit drei Siegen für Furore gesorgt ...

Van der Vaart: ... und bereits in der Vorrunde mit Inter Mailand den Titelverteidiger zu Hause geschlagen (3:1, d. Red.), das zeigt, wie stark wir sind.

Noch besser als in der "Königsklasse" läuft es für Sie persönlich in der Premier League. Dort sind Sie mit zehn Toren und sieben Vorlagen torgefährlichster Mittelfeldspieler der Liga. Verraten Sie uns Ihr Torgeheimnis?

Van der Vaart (lacht): Das Toreschießen ist gar nicht so schwer, wenn man einen Riesenkerl wie Peter Crouch (2,01 Meter d. Red.) im Team hat. Ich schlage den Ball in den Strafraum, und Peter legt ihn mir per Kopf auf. Ich muss also zusehen, dass ich stets in seine Nähe komme.

Dabei hat Tottenham Sie nicht als Torjäger, sondern für eine ganz andere Rolle verpflichtet.

Van der Vaart: Ja, ich spiele hier zentral als Spielmacher, und auf dieser Position fühle ich mich sehr wohl.

In Madrid dagegen mussten Sie oft auf dem Flügel spielen oder saßen gar auf der Bank. Sind Sie deshalb gegangen?

Van der Vaart: Manchmal gibt es einen Zeitpunkt, an dem du dich entscheiden musst: Bleibst du bei einem Klub oder gehst du besser zu einem anderen? Am letzten Tag der Transferperiode rief Tottenham an, und es war immer mein Wunsch, einmal in England zu spielen. Dennoch war es eine schwierige Entscheidung, weil ich den Klub und die Menschen in Madrid sehr mag.

Wie gefällt es Ihnen und Ihrer Familie jetzt in London?

Van der Vaart: Das Leben ist schon anders als in Madrid. In Spanien war immer schönes Wetter, was man von England nicht wirklich behaupten kann. Aber London ist eine fantastische Stadt. Die Lebensart hier ist ähnlich wie die in meiner holländischen Heimat.

In England folgen Fotografen den Fußballstars gern auf Schritt und Tritt. Wie gehen Sie damit um?

Van der Vaart: Auch wenn ich Profifußballer bin, bin ich ein ganz normaler Typ. Ich verstecke mich nicht und möchte essen oder einkaufen gehen, weil ich es einfach gern mache. Und Fotos mit Fans zu schießen oder ihnen Autogramme zu geben ist auch kein Problem für mich.

Wie schalten Sie sonst vom Fußball ab?

Van der Vaart: Ich spiele mit meinem Sohn Damian und bringe ihm das Fußballspielen bei. Ansonsten schaue ich Fernsehen oder DVDs. Wenn es die Zeit zulässt, spiele ich auch mal Tennis oder Tischtennis.

Verfolgen Sie die Bundesliga eigentlich noch regelmäßig?

Van der Vaart: Ja, sicher. Vor allem mein Ex-Team, den HSV. Ich schaue immer, wie die Jungs so spielen.

Mit wem tauschen Sie sich über die Bundesliga noch aus?

Van der Vaart: Vor allem mit Joris Mathijsen, mit dem ich befreundet bin. Manchmal telefoniere ich auch mit Arjen Robben. Spätestens aber, wenn wir uns alle bei der holländischen Nationalelf treffen, tauschen wir Neuigkeiten aus den verschiedenen Ligen aus.

Sie haben als Profi mittlerweile schon in vier europäischen Ländern gespielt. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Van der Vaart: Ich denke, in Holland gibt es die beste Jugendarbeit. Die Liga ist nicht die stärkste, aber voll mit technisch gut geschulten Spielern. In der Bundesliga wird sehr körperbetont gespielt, in Spanien dagegen wird viel Wert auf technisch hochklassigen Fußball gelegt. England hat mich zunächst wegen des hohen Tempos geschockt, das kannte ich so bislang noch nicht. Doch jetzt habe ich mich daran gewöhnt und kann sagen, dass die Liga hier stärker ist.

Tottenham hat im Gegensatz zu anderen Premier-League-Klubs zuletzt nicht so hemmungslos auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Für wen hätten Sie persönlich denn Geld ausgegeben?

Van der Vaart: Für Wesley Sneijder. Es ist ein ganz besonderes Feeling, mit ihm zu spielen. Wir haben schon als Jungs zusammen gekickt, bevor wir es dann ins Profiteam von Ajax Amsterdam schafften. Zum Glück spielen wir heute noch zusammen in der holländischen Nationalmannschaft.

Trotz des Triples im letzten Jahr mit Inter Mailand und des Vizetitels als Weltmeister ging Ihr Freund bei der Wahl der Fifa zum "Weltfußballer" des Jahres leer aus, Lionel Messi gewann vor seinen Barcelona-Kollegen Andres Iniesta und Xavi. Wie beurteilen Sie das?

Van der Vaart: Ich war zuerst schon überrascht, das Wesley nicht unter die Top drei gewählt wurde. Aber wenn man ehrlich ist, dann ist Lionel Messi aktuell der beste Fußballer der Welt. Von daher ist die Wahl gerecht.