Schwerer Rallye-Unfall in Italien bedroht die Karriere des polnischen Formel-1-Fahrers

Genua. Vor dreieinhalb Jahren überlebte Robert Kubica einen dramatischen Formel-1-Unfall in Montreal nahezu unverletzt. Jetzt muss der 26 Jahre alte polnische Rennfahrer nach einem schweren Unfall bei einer Rallye in Italien um die Fortsetzung seiner Karriere kämpfen. Die anfangs sogar befürchtete Amputation der rechten Hand bleibt Kubica nach dem letzten Bulletin der Ärzte wohl erspart.

Gut einen Monat vor dem Saisonstart am 13. März in Bahrain hatte sich der Lotus-Renault-Fahrer bei dem heftigen Crash in der Nähe von Genua am Sonntagmorgen zahlreiche Bein- und Armbrüche zugezogen. In einer mehrstündigen Operation retteten die Ärzte danach die zertrümmerte rechte Hand.

"Die Chirurgen versuchen, die Funktionsfähigkeit der Hand wieder herzustellen", teilte Kubicas Manager Daniele Morelli mit. Zunächst seien die Knochenbrüche behoben worden. Nun kümmerten sich die Ärzte um die verletzte Muskulatur. Kubicas Eltern seien bereits auf dem Weg zu ihrem Sohn. Der Pole schwebe aber nicht in Lebensgefahr, sagte ein Sprecher der Klinik Santa Corona in Pietra Ligure. Die Beweglichkeit der Hände ist für die Arbeit mit einem komplexen Formel-1-Lenkrad und seinen vielfältigen Funktionsschaltern unverzichtbar.

Kubica hatte schon in der Vergangenheit als Hobby-Pilot an mehreren Rallyes teilgenommen. Lotus Renault bestätigte den Unfall, machte aber zunächst keine Angaben zur Schwere der Verletzungen. Italienischen Medienberichten zufolge hatte der Rennstall seinem Fahrer den Start bei der Rallye in Italien genehmigt.

Kubica war nach Angaben von Augenzeugen bei der "Ronde di Andora" am Steuer eines Skoda Fabia 2000 in der Gemeinde San Lorenzo auf nassem Asphalt ins Schleudern geraten und gegen eine Leitplanke gekracht. Diese bohrte sich in das Auto. Der Wagen schleuderte anschließend weiter und prallte mit hoher Geschwindigkeit gegen die Mauer einer Kirche. Die Polizei beschlagnahmte das Auto, um es zu untersuchen. Die Rallye mit 115 Fahrern wurde unterbrochen.

Während sein Co-Pilot Jakub Gerber unverletzt aus dem Auto stieg, erlitt Kubica schwere Verletzungen. Rettungskräfte mussten den Polen aus dem Auto schneiden. Anschließend wurde er mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus Santa Corona nach Pietra Ligure gebracht. Kubica sei die ganze Zeit bei Bewusstsein gewesen, hieß es.

Neben mehreren Knochenbrüchen soll Kubica auch innere Verletzungen erlitten haben. Bei der Operation am Nachmittag sollten vor allem die inneren Blutungen gestoppt werden.

Kubicas Rennfahrerkollegen reagierten betroffen: "Nach den schockierenden Meldungen des heutigen Tages sind meine Gedanken bei Dir und ich wünsche Dir eine schnelle Genesung", schrieb Kubicas früherer Teamkollege beim BMW-Sauber-Rennstall, Nick Heidfeld, am Sonntag auf seiner Internetseite. "Es ist so traurig, was passiert ist! Ich bin in Gedanken bei Robert, wünsche ihm alles erdenklich Gute", teilte Kubicas Rennfahrerkollege Timo Glock auf Facebook mit.

Noch am vergangenen Donnerstag hatte Kubica in Valencia zum Abschluss der ersten Formel-1-Testfahrten des Jahres die Bestzeit gefahren. Er und Lotus Renault wurden als Geheimtipp für die neue WM-Saison gehandelt. Die nächsten Tests sind vom Donnerstag an in Jerez vorgesehen. Kubica galt zuletzt als Kandidat für einen Ferrari-Vertrag.

Der Pole hatte am 6. August 2006 in Ungarn in einem BMW-Sauber sein Debüt in der Formel 1 gegeben und sich schnell zu einem ernst zu nehmenden Spitzenfahrer entwickelt. Am 10. Juni 2007 überlebte er wie durch ein Wunder einen der spektakulärsten Formel-1-Crashs seit Jahren: Beim Grand Prix von Kanada in Montreal flog er im BMW-Sauber von der Rennstrecke und überschlug sich mehrmals. Sein Auto wurde komplett zerstört, er blieb fast ohne Blessuren. Ein Jahr später holte er an gleicher Stätte im BMW-Sauber seinen ersten und bisher einzigen Grand-Prix-Sieg. BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen sagte: "Die Nachricht hat das ganze Team von BMW-Motorsport und mich persönlich sehr betroffen gemacht. Wir wünschen Robert eine rasche und vollständige Genesung."

Wer Kubica bei Lotus-Renault ersetzen könnte, ist noch offen. Als Ersatzfahrer stehen der Franzose Romain Grosjean und der Brasilianer Bruno Senna zur Verfügung. Stammpilot neben Kubica ist der Russe Witali Petrow. Im vergangenen Jahr hatten sich die deutschen Fahrer Adrian Sutil, Nico Hülkenberg und Heidfeld Hoffnungen auf ein Cockpit gemacht.