Dirk Bauermann, Trainer des Basketball-Nationalteams und vom FC Bayern, über Talente, die EM 2011 und Dirk Nowitzki

Hamburg. Der Weg nach Hamburg führt Dirk Bauermann, 53, stets zuerst ins Landesleistungszentrum Basketball am Alten Teichweg. Dort spielten am Wochenende 120 Zwölfjährige dem Herren-Bundestrainer vor, der zugleich Coach des aufstrebenden Zweitliga-Tabellenführers Bayern München ist. Seit fünf Jahren sichtet der Verband mithilfe seines Hauptsponsors IngDiba systematisch den Nachwuchs, um die Nachfolger für Superstar Dirk Nowitzki, 32, zu finden, der wohl 2012 aus der Nationalmannschaft zurücktreten wird. "Wir müssen konsequent auf unsere Nachwuchsarbeit setzen und den Mut haben, unseren Talenten in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft genügend Spielpraxis zu geben", sagt Bauermann im Gespräch mit dem Abendblatt.

Hamburger Abendblatt:

Herr Bauermann, hat die Aktion "Talente mit Perspektive", mit der der Deutsche Basketball-Bund seit vier Jahren den Nachwuchs sichtet und fördert, schon zu Erfolgen geführt?

Dirk Bauermann:

Wir beobachten, dass unsere 16- und 17-Jährigen erfahrener und besser ausgebildet sind, dass sie einfach weiter sind als diejenigen, die wir noch vor fünf Jahren gesichtet haben. Das gestiegene Niveau eröffnet uns die Möglichkeit, unsere Spieler in Technik, Taktik und Athletik besser zu entwickeln, damit wir international mithalten können.

Zwar ist in den vergangenen Jahren kein deutsches Nachwuchsteam mehr bei Welt- und Europameisterschaften abgestiegen, aber der achte Platz der U 17 bei der WM im Juli in Hamburg war die einzige Top-Ten-Platzierung.

Bauermann:

Man muss den Dingen auch Zeit geben. Wir haben es in den vergangenen drei Jahren geschafft, alle Jugend-Nationalmannschaften in der A-Gruppe zu halten. Basketball wird wie Fußball in allen Sportnationen Europas gespielt, die Konkurrenz ist weit höher als in anderen Mannschaftssportarten. Deshalb sind wir froh, zumindest diesen Grundstock gelegt zu haben. Sie haben aber recht: Ein Land mit 82 Millionen Menschen muss sich vornehmen, irgendwann unter die ersten vier bei einer Jugend-EM zu kommen. Im U-16-Bereich haben wir inzwischen Spieler, mit denen wir ein solches Ziel angehen können.

Es scheint immer schwerer zu werden, Jugendliche für den Leistungssport zu begeistern. Welche Erfahrungen haben die Basketballer gemacht?

Bauermann:

Der Sport muss kämpfen. Der erste Kampf ist der um die Talente, der zweite, um sie zu binden. Und wenn man das geschafft hat, muss man sicherstellen, dass aufgrund der heute hohen schulischen Belastung beides verknüpft werden kann. Das geht nur noch auf Sportgymnasien, zum Teil in Gesamtschulen oder in Sportklassen. Die notwendigen Strukturen stecken vielerorts in den Anfängen. In München wird es nicht vor 2016 eine Eliteschule des Sports mit entsprechenden Plätzen für Basketballer geben. Wenn wir es nicht schaffen, Schule und Leistungssport zeitlich akzeptabel für unsere Jugendlichen zu vereinbaren, wird es schwierig für den deutschen Sport.

Ein weiteres Problemfeld ist die Einbindung der Talente in die Bundesligateams. Die Basketballklubs haben sich freiwillig verpflichtet, dass in der Ersten Liga fünf von zwölf Spielern im Kader Deutsche sein müssen und dass in der Zweiten Liga zwei Deutsche auf dem Feld stehen müssen. Reicht das?

Bauermann:

Das sind wichtige erste Schritte. Mittelfristig sollte in der Ersten Liga stets mindestens ein Deutscher auf dem Feld sein. Nur so werden wir der Notwendigkeit gerecht, eine starke Nationalmannschaft aufzubauen. Der Fußball macht uns da ganz viel vor. Er hat früher als jede andere Sportart verstanden, wie wichtig es ist, eigene Talente auszubilden, sie zu fördern und ihnen eine Chance zu geben. Die Früchte werden jetzt überall geerntet, nicht nur in Dortmund, Schalke oder München wachsen Talente heran. Um dieses richtungweisende Konzept müssen wir intensiv weiter kämpfen für die Nationalmannschaft, die unser und aller Sportarten Aushängeschild ist. Es geht dabei auch um die Zukunft der Vereine. Die Attraktivität und die Wertigkeit einer Liga hängen davon ab, dass junge deutsche Talente ihr ein Gesicht geben.

Für die EM 2011 in Litauen (31. August bis 18. September) sind der deutschen Mannschaft jetzt mit Serbien, Italien, Israel, Frankreich und Lettland starke Vorrundengegner zugelost worden. Das wird nicht einfach.

Bauermann:

Das wird sogar sehr schwer. Aber wir werden hoffentlich eine starke Truppe zusammen haben.

Mit den NBA-Stars Dirk Nowitzki und Chris Kaman?

Bauermann:

Dirk ist, wenn er gesund bleibt, dabei und auch bei einem möglichen Olympia-Qualifikationsturnier im Juli 2012. Die Verhandlungen mit den Los Angeles Clippers über Chris gestalten sich in der Regel schwieriger. Mit den beiden NBA-Profis haben wir eine Außenseiterchance. Mehr nicht.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß?

Bauermann:

Bestens. Wir tauschen uns regelmäßig aus, ohne ihn gäbe es das Projekt nicht.

Holt Hoeneß auch Dirk Nowitzki, wenn die NBA-Eigner ihre Spieler zur nächsten Saison aussperren sollten, weil sie sich nicht mit deren Gewerkschaft über ein neues Gehaltsgefüge einigen können?

Bauermann:

Noch ist niemand ausgesperrt, noch spielen wir Zweite Liga. Wenn wir aufsteigen, können wir uns über vieles Gedanken machen, jetzt aber nicht.