Hamburg. Der vergangene Sonntag war wieder einer der Tage, die Jörn-Uwe Lommel die Grenzen seines Handelns bewusst machen. Nur 13:15 hatten seine ägyptischen Handballer beim WM-Vorbereitungsturnier in Murcia zur Halbzeit gegen Gastgeber Spanien zurückgelegen, sie hatten sich wacker geschlagen wie zuvor gegen Weißrussland (28:28) und Montenegro (28:29). "Das sah richtig gut aus", sagt der Trainer, "aber dann haben wir die Bremse reingehauen." Und so fiel die Niederlage gegen den einstigen Weltmeister mit 21:37 noch ziemlich schmerzhaft aus.

Lommel, 52, grämt sich darüber nicht. Niemand soll in Ägypten nach dem Gewinn der Olympischen Jugendspiele im vergangenen Sommer auf den Gedanken kommen, seine Mannschaft könne von morgen an in Schweden auch bei den Großen um den Titel kämpfen. Für das WM-Auftaktspiel gegen sein Heimatland morgen (18.15 Uhr/ARD) hat der deutsche Trainer deshalb ein bescheidenes Ziel formuliert: "Wir wollen uns nicht schlachten lassen."

Das klingt allzu verhalten für ein Team, das seit 1993 keine Weltmeisterschaft mehr verpasst hat und vor zehn Jahren sogar im Halbfinale stand. Seither habe man ein wenig den Anschluss verloren. Schon bei seiner ersten Amtszeit als Nationaltrainer zwischen 2003 und 2005 hoffte Lommel vergeblich, dass es mal wieder ein Rückraumspieler mit Gardemaß in die Auswahl schaffte: "Uns fehlen da ganze Jahrgänge."

Mit drei Vereinen stieg der frühere Nationalspieler in die Bundesliga auf, zuletzt 2007 mit den Füchsen Berlin. Die Bedingungen, unter denen er jetzt arbeitet, seit er vom Nachwuchs- zum ägyptischen Cheftrainer aufrückte, sind, vorsichtig ausgedrückt, bescheidener. Es fehle an medizinischer Versorgung und an Gerätschaften, wissenschaftliche Trainingssteuerung sei praktisch unbekannt. Und doch sagt Lommel: "Es ist einer der besten Jobs, die es im Welthandball gibt."

Weil der einstige Star der Mannschaft, Hussein Zaky, 31, seine Karriere für Petrodollars in Dubai ausklingen lässt und andere Spieler verletzt fehlen, sei das verbliebene Nationalteam - im Durchschnitt knapp 23 Jahre jung - zu unerfahren, um dem Druck einer WM standzuhalten. Kein Einziger von ihnen spielt aktuell in einer bedeutenden europäischen Meisterschaft. Der letzte ägyptische Profihandballer in Deutschland war Hany El Fakharany bei den Füchsen Berlin. Vereinstrainer damals: Jörn-Uwe Lommel.