Volleyballerinnen des VT Aurubis können beim 3:1 über den Köpenicker SC erneut nicht überzeugen

Hamburg. Jean-Pierre Staelens, 55, ist ein besonnener Trainer. Meist steht er regungslos mit vor der Brust verschränkten Armen in der Coachingzone an der Seitenlinie, verfolgt mit sanften Kopfbewegungen das Geschehen und rührt seine Hände nur gelegentlich zum Klatschen, zustimmend nach gelungenen Aktionen, aufmunternd nach misslungenen. Beim Spielstand von 14:14 im vierten Satz war es um die Contenance des Niederländers jedoch geschehen. Er schrie seinen Unmut heraus, forderte lautstark mehr Konzentration und taktische Disziplin. Die schärfere Tonart blieb nicht ohne Wirkung. Die Volleyballerinnen des VT Aurubis Hamburg besiegten nach 106 Minuten den Köpenicker SC schließlich noch mit 3:1-(25:18, 25:23, 20:25, 25:21)-Sätzen und weisen nach ihrem vierten Saisonerfolg mit 8:6 Zählern erstmals ein positives Punktekonto auf.

"Mir ist jeder Sieg recht", sagte Staelens hinterher und versuchte seine Enttäuschung wegzulächeln. Seine Unzufriedenheit war indes unüberhörbar. "Mit Leistungen wie dieser werden wir in der Bundesliga kaum unter die ersten vier kommen", fügte er nach kurzem Luftholen ernst hinzu. Für das Erreichen der Play-off-Runde, das Hauptsponsor und Namensgeber Aurubis als Arbeitsziel für diese Saison ausgegeben hatte, dürften in der Tat Vorstellungen wie am Sonntagnachmittag vor 800 Zuschauern gegen den punktlosen Tabellenvorletzten nicht genügen. Dennoch bittet Staelens weiter um Geduld. Zwei Monate ist die neue Spielzeit gerade alt, und die Integration sieben neuer Spielerinnen bedarf seiner Zeit. Manager Horst Lüders und Aurubis' Volleyballkoordinator Rudolf Nölke scheinen sie ihm geben und demnächst mit ihm über eine Verlängerung seines Ende Mai auslaufenden Vertrages reden zu wollen. "Er ist der richtige Mann, er arbeitet akribisch rund um die Uhr für das Team. Einen besseren Trainer gibt es nicht", sagt Lüders, und Nölke sieht "erkennbare Fortschritte gegenüber der vergangenen Saison". Nach Platz sieben hatte Trainer Helmut von Soosten, 46, im Mai 2010 seinen Posten räumen müssen. Er konnte als Sportchef weitermachen.

Der sehnlichst erhoffte Fortschritt ist allerdings eine Schnecke. Was der ausgewiesene Volleyball-Fachmann Staelens will, ist bei vielen Spielzügen zu sehen, doch dem Team fehlen oft genug Konstanz, Cleverness und vor allem Selbstvertrauen. "Die Spielerinnen suchen viel zu oft das Loch im System, zweifeln, anstatt an ihre Stärken zu glauben. Sie machen dann nicht das, was wir uns im Training erarbeitet und uns für das Spiel vorgenommen haben", sagt Staelens. Elementare taktische Fehler hatte er gegen Köpenick zu beklagen, und wenn der Coach auch eine Einzelkritik vermied, Zuspielerin Karmen Kocar, 28, und National-Mittelblockerin Kathy Radzuweit, 28, wurden erneut gehobenen Ansprüchen nicht gerecht. Geld für kurzfristige Neuverpflichtungen ist nicht vorhanden. Allein die Brasilianerin Lousiane Penha Souza, 25, überzeugte. Ein weiteres unter zahlreichen Problemen: Die US-amerikanische Außenangreiferin Ellen Herman, bisher ein auch emotionaler Aktivposten, bat wegen Heimweh und Liebeskummer um einen verlängerten Weihnachtsurlaub. Am nächsten Freitag wird die 22-Jährige in Hamburg zurückerwartet. "Ob sie wirklich wiederkommt, weiß man bei so jungen Ausländerinnen nie", sagt Staelens und lächelt milde, "für Ellen war es der erste längere Auslandsaufenthalt. Ihre Probleme haben mich nicht überrascht."