Handballer und Basketballer protestieren gegen Meldepraxis der Dopingkontrolleure

Hamburg. Eigentlich hätte Johannes Bitter am Sonnabend gar nicht in der O2 World Hamburg sein dürfen. "Heerstraße 52, Wiesbaden" hatte der Torhüter des HSV Hamburg bei der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) als Aufenthaltsort angegeben. Als Handballnationalspieler muss Bitter bis zu drei Monate im Voraus über eine Internet-Software namens "Adams" melden, wo er für etwaige unangekündigte Kontrollen aufzufinden wäre. So sieht es der internationale Anti-Doping-Kodex vor. Würde er dreimal nicht angetroffen, hätte das eine Sperre von bis zu zwei Jahren zur Folge.

Insofern hat Bitter einiges riskiert, als er für den ersten Weihnachtstag fälschlicherweise den Sitz der Spielervereinigung Goal eintrug, deren Vorstand er ist. Sie hatte gemeinsam mit der Basketballer-Interessenvertretung Spin sowie weiteren Athletenorganisationen in Frankreich, Spanien und den Niederlanden zu der Aktion aufgerufen, um damit gegen die geltende Meldepraxis der sogenannten Whereabouts zu protestieren.

"Wir alle stehen für sauberen Sport und sind für ein effektives Kontrollsystem. Aber diese Form der Rund-um-die-Uhr-Überwachung ist nicht zu akzeptieren", sagte Bitter dem Abendblatt. Mit diesem Anliegen sei man bei der Nada auf taube Ohren gestoßen. Deshalb wolle man den Dialog nun erzwingen. Er gehe davon aus, dass sich fast alle Nationalspieler am Protest beteiligt hätten, sofern sie nicht bereits durch versäumte Kontrollen (Strikes) belastet seien.

HSV-Kollege Michael Kraus bekannte sich zu dem Akt zivilen Ungehorsams: "Die Nada muss spüren, dass sie auf Gegenwind trifft." Auch Trainer Martin Schwalb zeigte Sympathie: "Es ist das Recht des Spielers, sich gegen diese totale Überwachung zu wehren. Die Gefahr, gesperrt zu werden, obwohl man sauber ist, ist einfach zu groß." Auch der sportliche Leiter Christian Fitzek kritisiert die gängige Praxis, empfiehlt aber, sich "mit dem derzeitigen Rechtsstand abzufinden".

Der Deutsche Olympische Sportbund hatte die kollektive Fehlinformation dagegen im Vorfeld als "reine PR-Aktion" verurteilt. Aktivensprecher Christian Breuer nannte das bestehende System "als solches alternativlos" und forderte Goal und Spin auf, konkrete Verbesserungsvorschläge zu machen.

Allerdings haben auch Datenschützer Bedenken gegen die gängige Praxis angemeldet. Der Bundesbeauftragte Peter Schaar verglich "Adams" mit einer elektronischen Fußfessel. Eine Überarbeitung des Kodex ist erst für 2015 vorgesehen. Ob das bestehende System die Persönlichkeitsrechte verletzt, ist gerichtlich noch nicht festgestellt worden. Spin-Generalsekretär Jonas Baer-Hoffmann kündigte an, "die Option einer Klage" zu prüfen.