Hamburg. Er war Europameister im Halbschwergewicht, hat zweimal um die WM gekämpft, und mit Gegnern wie dem Ungarn Gyula Gaspar hätte sich Thomas Ulrich zu seinen besten Zeiten nicht lange aufgehalten. Das tat der Berliner Profiboxer zwar auch in der Nacht zu Sonntag in der Wandsbeker Sporthalle nicht, doch die Erleichterung, die dem 35-Jährigen nach dem K.-o.-Sieg in Runde drei im Gesicht abzulesen war, bewies, in welchen Sphären sich Ulrich derzeit bewegt.

Im März 2009 hatte er nach einer verheerenden Niederlage gegen den Argentinier Mariano Plotinsky seine Karriere beim Hamburger Universum-Stall beenden müssen. Im Mai dieses Jahres konnte die von mehreren Privatinvestoren gestützte Hamburg Boxpromotion ihn zu einem Comeback überreden. Das Duell mit dem in der unabhängigen Weltrangliste an Position 271 notierten Gaspar war als Aufbaukampf geplant, um herauszufinden, ob überhaupt noch Kämpferherz in Ulrich übrig ist.

Die Antwort auf diese Frage fällt positiv aus. Zwar war der Ungar kein Maßstab, in Ansätzen konnte Ulrich jedoch an alte Fertigkeiten erinnern. "Am Anfang war ich etwas unsicher, aber insgesamt bin ich sehr zufrieden", sagte er, "beim Einmarsch hatte ich das Gefühl, dass ich wieder zu Hause bin." Natürlich war alles ein paar Nummern kleiner als früher, rund 600 Fans waren Zeuge des Comebacks, die einzigen Kameras waren die in deren Mobiltelefonen. Doch das sei für ihn zunächst gar nicht wichtig. "Als Hauptkämpfer ist man immer aufgeregt, egal ob 50 oder 5000 Fans in der Halle sind", sagte Ulrich.

Den Traum, seinen Neustart mit einer dritten WM-Chance krönen zu können, darf Ulrich zunächst weiterträumen. Für zwei weitere Kämpfe ist er an die Hamburg Boxpromotion gebunden, im Dezember, spätestens aber im Februar will er wieder boxen, voraussichtlich in seiner Heimatstadt. Im Fall zweier weiterer Siege könnte ein Wechsel zum Berliner Sauerland-Team denkbar werden. Dessen Technischer Leiter Hagen Doering sagte: "Wenn Thomas so weitermacht, kann er eine Chance auf einen Titelkampf erhalten. Nichts ist unmöglich."