Streit um die Nutzung der Anlage im Hammer Park, Sportler sprechen von “Vertreibungspolitik“

Hamburg. Für einen Moment war die Urlaubsstimmung bei Rainer Blankenfeld verflogen. In Portugal hatte den Vizepräsidenten des Hamburger Leichtathletikverbandes ein Schreiben des Sportreferats des Bezirksamts Mitte erreicht: Die Gerätschaften und Hanteln seines SV St. Georg, so war darin zu lesen, sollten aus dem Stadion im Hammer Park entfernt oder in die Jahnkampfbahn geschafft werden. Die entsprechenden Räumlichkeiten würden für Betriebssportgruppen benötigt.

Blankenfelds Reaktion schwankte zwischen Unverständnis und Unmut. "Wir sind doch der Heimatverein des Hammer Parks. Da fällt man schon vom Glauben ab." Letztlich überrascht aber war der stellvertretende Abteilungsleiter nicht: Für ihn fädelt sich das Schreiben in eine Kette kleinerer oder größerer Gemeinheiten, denen sich die Leichtathleten im 90 Jahre alten Stadion ausgesetzt sehen. 2003 hatte Blankenfeld zum 22. und letzten Mal das renommierte Abendmeeting der längst verblichenen LG Hammer Park ausgerichtet.

Seither befinden sich die Leichtathletikanlagen, die in den 90er-Jahren mit etwa 1,5 Millionen Mark öffentlichen Mitteln instand gesetzt worden waren, im freien Verfall. Beschleunigt durch einen Brand auf der Haupttribüne Ende 2007, der auch die elektronische Zeitnahme vernichtete. Das Stadion blieb fast drei Jahre lang wettkampfuntauglich. Erst vor wenigen Wochen wurde aus Anlass der deutschen Gehörlosen-Mehrkampfmeisterschaften Mitte September mit der Sanierung begonnen.

Aus Sicht der Leichtathleten hat der Niedergang System. Sie haben den Platzwart in Verdacht, vor allem die Interessen des Fußballklubs Hamm United zu verfolgen, dessen Vizepräsident er ist. So habe der Landesligist Trainingszeiten seiner Jugendteams willkürlich angesetzt, moniert Udo Hein, Geschäftsführer des TH Eilbeck. Mit Billigung des Bezirksamts Mitte werde der seit 2005 gültige Nutzungsvertrag ausgehebelt. Immer wieder stünden Gruppen vor verschlossenen Türen, obwohl die Leichtathletik offiziell Schwerpunkt der Stadionnutzung sei.

Von friedlichem Nebeneinander kann keine Rede sein. "Fußball funktioniert neben Leichtathletik nicht. Hier wird Sport verhindert", klagt Carsten Hinz vom Eilbecker Roadrunnerteam mit einigen der besten Hamburger Langstreckenläufer. Auf seinen Protest beim Bezirksamt, dass die Umkleiden im Winter teilweise nicht zugänglich waren, habe er zur Antwort erhalten, dass keiner gezwungen sei, im Winter Sport zu treiben. Hinz: "Da fehlt jedes Gespür für die Sache."

Uwe Baade, der zuständige Abteilungsleiter im Bezirksamt, lässt den Vorwurf nicht gelten: "Der TH Eilbeck jammert auf hohem Niveau, die Leichtathletik findet statt." Die Abteilung bestünde überdies im Wesentlichen aus den Roadrunnern. Deshalb müsse der nächste Nutzungsvertrag "den Realitäten angepasst" werden.

Die Ankündigung lässt bei den beiden betroffenen Vereinen die Alarmglocken schrillen. Laut Udo Hein sind viele Sportler notgedrungen in die gepflegte Jahnkampfbahn ausgewichen: "Das Bezirksamt betreibt eine Vertreibungspolitik gegen die Leichtathleten. Offenbar wartet man nur darauf, dass keiner mehr im Hammer Park trainieren will." Noch trainierten etwa 150 Mitglieder des TH Eilbeck und des SV St. Georg regelmäßig im Hammer Park. Darüber hinaus nutzen nach Senatsangaben neun Schulen und fünf Betriebssportgemeinschaften die Traditionsanlage.

Wenn im Frühjahr die Jahnkampfbahn für drei Monate gesperrt wird, weil der Belag erneuert wird, sollen sich Spitzenathleten wie der Hürdensprinter Helge Schwarzer (HSV) und der Weitspringer Nils Winter (Buxtehuder SV) im Hammer Park für die Weltmeisterschaften in Südkorea in Form bringen. Blankenfeld sieht den Ärger schon programmiert: "Unsere Athleten brauchen optimale Bedingungen und uneingeschränkte Trainingsmöglichkeiten. Beides ist im Hammer Park nicht gegeben." Nicht die Aussichten, die sich der Leistungssport-Vizepräsident zum 100. Geburtstag des Hamburger Leichtathletikverbands 2011 gewünscht hätte.

Ein Schlichtungsgespräch Anfang Juli zwischen Vereinen, Verbänden, Behörden und Politik hat das verlorene Vertrauen nicht zurückbringen können. Für 4. November ist ein weiterer Termin im Bezirksamt vereinbart. An Themen sollte es nicht mangeln.