Die Freezers-Stürmer Brett Engelhardt und Colin Murphy pflegen eine echte Freundschaft. Sogar eine Familienzusammenführung ist geplant

Hamburg. Dass der Erwerb und Besitz von Schusswaffen in den Vereinigten Staaten von Amerika ungefähr so einfach möglich ist wie in Deutschland der Kauf eines Brotlaibs, führt regelmäßig zu erbitterten Diskussionen. Brett Engelhardt kann das nicht verstehen. Er sei froh, US-Bürger zu sein, schließlich gelte es spätestens in 13 Jahren, die Unversehrtheit seiner Tochter zu verteidigen. Zweieinhalb Jahre ist Elliana jetzt alt, und bevor sie 16 wird, soll sie jeglichen Kontakt zu potenziellen Verehrern abbrechen, sagt ihr Papa, der dies notfalls mit Waffengebrauch durchsetzen möchte.

Die beiden Jungs, die bereits heute um Ellianas Gunst buhlen, heißen Brady und Nolan Murphy, sind Kanadier und die Zwillingssöhne von Engelhardts bestem Kumpel Colin Murphy. Das Gute an der eingangs beschriebenen Szene ist, dass sie nicht ernst gemeint ist. Murphy und Engelhardt teilen den gleichen Sinn für Humor, was für eine Männerfreundschaft wie die ihre eine perfekte Voraussetzung ist. Was sie vor allem eint, ist jedoch die Liebe zum Eishockey. Sie war es, die die beiden 30-Jährigen 2001 an der Michigan State University zusammenbrachte. Murphy studierte Finanzwesen, Engelhardt nahm Kurse in Wirtschaftswissenschaften, deshalb lernten sie sich erst in der Umkleidekabine kennen - und spürten ziemlich schnell, dass sie eine Seelenverwandtschaft verbindet.

Seitdem gab es nur zwei Spielzeiten, in denen sie in verschiedenen Teams spielten, 2007/08 sogar in der American Hockey League (AHL) gegeneinander, was beide als "extrem komisches Gefühl" erinnern. In diesem Sommer dann trafen sie erstmals bewusst die Entscheidung, nur noch gemeinsam den Verein wechseln zu wollen. Mit den Augsburger Panthern, zu denen Engelhardt Murphy im Sommer 2009 gelotst hatte, nachdem er selbst 2008 nach Deutschland gekommen war, waren sie bis ins Finale der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) durchmarschiert. Murphy schoss 19 Tore und gab 38 Vorlagen, Engelhardt traf gar 28 Mal und legte zu 26 Toren auf. "Früher haben wir nicht so oft in derselben Reihe gespielt, nur in den ersten zwei Jahren an der Uni. Aber in Augsburg haben wir gemerkt, dass wir uns so gut entwickelt hatten, dass wir glaubten, gemeinsam stärker zu sein als allein", sagt Murphy.

Was für ein Glück für die Hamburg Freezers, die für ihren Total-Umbau - 19 Positionen wurden neu besetzt - genau solche Charaktere suchten wie die beiden Nordamerikaner: Sportler, die für ihren Erfolg hart arbeiten und das Ziel haben, sich auch im gesetzteren Alter noch stetig zu verbessern. "Wir hatten beide gleichzeitig Kontakt nach Hamburg und haben die Chance dann ergriffen. Wenn nur einer eine Offerte der Freezers bekommen hätte, hätten wir uns nach einem anderen Klub umgeschaut oder wären vielleicht auch in Augsburg geblieben", sagt Engelhardt.

Morgen (20.20 Uhr, O2 World, Sky live) treffen die beiden Stürmer mit den Freezers erstmals auf ihr altes Team, und natürlich ist es kein Spiel wie jedes andere. Dennoch versuchen sie, abseits des Eises nicht allzu viel darüber zu reden, um nicht immer nur um ein Thema zu kreisen. Lieber spielen sie gegeneinander Golf, wobei Murphy stets gewinnt, oder sie unterhalten sich über ihre Kinder und Ehefrauen. Weil sie bei der Arbeit und auf dem Weg von Schenefeld dorthin stets zusammenhängen, weil sie sich auf Reisen das Hotelzimmer teilen und auch im Bus zu Auswärtsspielen direkt hintereinander sitzen - Murphys Sitznachbar ist Chad Bassen, Engelhardt hat eine Reihe für sich -, treffen sie sich privat generell selten zu zweit. Praktischerweise sind ihre Ehefrauen auch gut befreundet, sodass die Familien gemeinsam Tierparks besuchen oder einfach Kaffee trinken.

Blöde Sprüche über ihre Freundschaft gebe es keine, auch weil zwischen ihren Sturmkollegen Alexander Barta und Aleksander Polaczek eine noch intensivere Bindung bestehe. "Die zwei sind wie Brüder", sagt Murphy. Die beiden schätzen aneinander, dass sie sich in den anderen gut hineinversetzen und so verstehen können, wie es um dessen Laune bestellt ist. Der eher stille Murphy, mit einer gehörigen Portion trockenen Humors ausgestattet, weiß genau, wie er den hitzköpfigen Engelhardt zur Weißglut bringen kann. Der aber kontert mit derben Witzen, die Murphy bisweilen die Sprache verschlagen.

Am wohlsten fühlen sich beide, wenn sie über ihre Herkunft lästern können. Murphy stammt aus Fort McMurray im Norden Kanadas, Engelhardt aus Sheboygan (US-Bundesstaat Wisconsin). "Wir ziehen einander immer damit auf, in welchem der Nester weniger los ist", sagt Engelhardt. Ob sie auch in 20 Jahren ihre Freundschaft noch pflegen werden, wenn die Karrieren längst beendet sind, werden beide am Ende des Gesprächs gefragt. Murphys Antwort kommt prompt. "Das wird sich nicht verhindern lassen, weil einer meiner Jungs ja seine Tochter heiratet", sagt er. Engelhardt verdreht die Augen, schüttelt den Kopf und drückt dann zum Zeichen der Kapitulation seine Stirn in den Tresen vor sich. Und trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass er gut damit leben könnte, wenn aus der Antwort Realität würde.