Ein Kommentar von Achim Leoni

Um den Erfolg der Füchse Berlin über den THW Kiel richtig einzuordnen, hilft es vielleicht, sich die Gegner in Erinnerung zu rufen, die den deutschen Handball-Rekordmeister in der vergangenen Saison besiegen konnten. Sie heißen HBW Balingen-Weilstetten und TBV Lemgo und gehören in der Bundesliga aktuell nicht zur besseren Hälfte der Tabelle. Auch die Füchse Berlin sind dem Gewinn der deutschen Meisterschaft am Sonntag nicht entscheidend näher gekommen. Sie haben nur für einen Tag die Illusion wieder belebt, dass Geld im Handball keine Tore wirft.

Wenn nicht noch weitere Balingens, Lemgos und Berlins aus der Versenkung auftauchen, wird der Titelkampf auch in dieser Saison wieder zu einer Frage, die im engen Radius von 100 Kilometern zwischen Meister Kiel und Pokalsieger Hamburg beantwortet wird. Sie war in der vergangenen Saison bis zum letzten Spieltag offen und schon deshalb nicht langweilig. Auf die Dauer aber würde der Spannung ein Mehr-als-Zweikampf gut tun. Die Fußball-Bundesliga ist in dieser Hinsicht nicht das schlechteste Vorbild.

Einzig die Rhein-Neckar Löwen könnten den norddeutschen Marktführern gefährlich werden. In seinem Wettrüsten aber droht das Trio der Superreichen die Verfolger wirtschaftlich immer weiter abzuhängen. Wohin das führen kann, auch dafür ist Lemgo ein gutes Beispiel: Der Traditionsklub wollte in der vergangenen Saison bei den Großen mitspielen und verhob sich dabei so gründlich, dass er seinen teuersten Spieler am Ende an den HSV abgeben musste. Wer nicht gerade einen Konzern oder Mäzen hinter sich weiß, lebt in diesem Umfeld gefährlich. Der Zwangsabstieg des Europapokalsiegers HSG Nordhorn 2009 ist in mahnender Erinnerung. Öffnet sich die Schere weiter, könnten die großen drei am Ende selbst für die stärkste Liga der Welt zu stark sein.