Präsident Rudolph schwört die Mannschaft auf die Saisonziele ein

Hamburg/Hannover. Bevor Torsten Jansen am späten Dienstagabend die Tür der AWD-Hall aufstieß und in der Hannoveraner Nacht verschwand, hatte er noch eine Frage: "Tabellenführung? Wen interessiert das?" Ihn jedenfalls nicht. Der Anspruch, an dem sich die HSV-Handballer messen lassen wollen, ist ja nicht ein Sieg bei der TSV Hannover-Burgdorf, selbst wenn er mit 39:28 recht eindrucksvoll ausfiel und die Hamburger zumindest für eine Nacht wieder zur Nummer eins gemacht hat. Sondern, auch am Ende der Saison ganz oben zu stehen.

Ob der HSV der Erfüllung seiner Sehnsucht näher gekommen ist als in der vergangenen Serie, als ihn nur ein Punkt von der Meisterschaft trennte, darüber hat auch der vierte Sieg in Folge keinen Aufschluss gebracht. In den letzten 20 Spielminuten habe die Mannschaft "tollen Handball gespielt", lobte Trainer Martin Schwalb, ein so deutlicher Sieg bei einer Mannschaft wie Hannover sei "nicht normal". Sein Kapitän Guillaume Gille hatte Gefallen daran gefunden, "die Halle zum Schweigen zu bringen. Das erhöht den Spaß."

Es hätte noch mehr Spaß machen können, hätte die Abwehr nicht lange Zeit die angemessene - mentale wie taktische - Einstellung vermissen lassen. "Hannover hat uns geschickt in Bewegung gebracht", gestand Schwalb ein. Gut nur, dass das Fleisch des Gastgebers mit jeder Minute schwächer wurde, während Schwalb das Tempo durch die Einwechslung frischer Spieler auch in der zweiten Halbzeit hoch halten konnte: "Da hat man gemerkt, dass wir eine breitere Bank haben."

Schon in der vergangenen Saison hatte der HSV viele Gegner in der zweiten Halbzeit aus der Puste gebracht. Die achttägige Zwangspause, die der Spielplan jetzt vorsieht, bevor es am Mittwoch in der zweiten Pokalrunde beim Drittligisten Oranienburger HC weitergeht, kommt Linksaußen Jansen sogar ungelegen. "Wir wären ganz froh, im Rhythmus zu bleiben."

Im grauen Hamburger Trainingsalltag aber muss keiner versauern. Andreas Rudolph, der Präsident und Geschäftsführer, hat alle Spieler und den Trainerstab gestern nach Mallorca einfliegen lassen, wo er einen Zweitwohnsitz hat. Es gehe darum, die Mannschaft auf die Saisonziele einzuschwören, heißt es zur Begründung aus Vereinskreisen.

Seit seinem für 2011 angekündigten Rückzug war es ruhig geworden um Rudolph. Der 55-Jährige war in den vergangenen Wochen vornehmlich mit dem Verkauf des von ihm gegründeten Unternehmens GHD befasst, das auch einer der wichtigsten Sponsoren des HSV ist. Nachdem das Geschäft abgewickelt ist (das Abendblatt berichtete), will sich Rudolph wieder stärker bei seinen Handballern einbringen, die er seit sechs Jahren mit mehr als 20 Millionen Euro alimentiert hat.

Die Zeit für ein Machtwort des Bosses drängt. Die Verträge von Stefan Schröder, Matthias Flohr und den Gille-Brüdern laufen am Saisonende aus. Ob diese Spieler bleiben dürfen, entscheidet nur Rudolph.