Deutschlands derzeit erfolgreichster Vielseitigkeitsreiter belegt in Schenefeld Rang zwei, drei und vier

Schenefeld. Michael Jung aus Horb ist erst 28 Jahre alt, doch im Reitsportgeschäft macht ihm so schnell niemand etwas vor. Deutschlands derzeit bester Vielseitigkeitsreiter wurde in den Ausbildungsstall der Eltern in Baden-Württemberg hineingeboren. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er eine Geschäftsempfehlung abgibt: "Wenn man Geld verdienen möchte, sollte man besser etwas ohne Pferd machen."

Immerhin 50 000 Euro kassiert Jung für seinen Weltcup-Gesamtsieg, der bereits vor der letzten Etappe am vergangenen Wochenende in Schenefeld feststand, wo gleichzeitig auch der deutsche Meistertitel vergeben wurde. Mit seiner Prämie könnte er sich nun eigentlich einen speziellen Wunsch erfüllen, doch Jung spart sich dies im doppelten Sinn. Das Geld fließt ganz normal aufs Konto. Schließlich will der Mann, der vor den Toren Hamburgs gleich drei Pferde einsetzte und mit diesen die Plätze zwei bis vier belegte, am Jahresende schwarze Zahlen schreiben.

Profisport profitabel zu betreiben sei in der Reiterei schwierig, nicht nur in der Vielseitigkeit, der trotz der internationalen Erfolge mit Olympiagold im Einzel und der Mannschaft in Deutschland noch immer finanzschwächsten Disziplin. Das meiste Geld gibt es mit Abstand im Springreiten zu verdienen, ein Wechsel kommt für Jung dennoch nicht infrage. Der Pferdewirtschaftsmeister empfindet es als reizvoll, die Tiere - wie es schon der Name seiner aus Dressur, Geländeritt und Springen bestehenden Disziplin verrät - vielseitig auszubilden. Trotzdem trat er in der Vergangenheit schon mehrfach den Beweis an, dass er es durchaus auch mit den Spezialisten in Dressur und Springen aufnehmen kann.

Seine größten internationalen Erfolge im früheren Military waren bislang neben dem Gewinn des Weltcupfinales im Vorjahr Europameistertitel bei den Junioren und Jungen Reitern. In diesem Jahr wird er Deutschland nun erstmals bei einer WM vertreten. Bundestrainer Hans Melzer nominierte ihn gestern neben den drei Olympiasiegern von Hongkong Andreas Dibowski (Egestorf), Ingrid Klimke (Münster) und Frank Ostholt (Warendorf) sowie Dirk Schrade (Sprockhövel) und Simone Deitermann (Saerbeck) für die Titelkämpfe Ende September in Kentucky.

Nicht dabei sein wird wie Einzel-Olympiasieger Hinrich Romeike (Nübbel), dessen Pferd Marius verletzt ist, die Überraschungssiegerin von Schenefeld Julia Mestern aus Sylfeld bei Bad Oldesloe, für die der Triumph mit Schorsch zu spät kam. Die Holsteinerin war wegen einer schweren Verletzung monatelang ausgefallen. "Da es erst mein zweites Turnier nach meinem Fußbruch war, war ich etwas unsicher, aber Schorsch hat das alles toll gemacht", freute sich die 34-Jährige dennoch über ihren Triumph.

Jung hofft derweil, dass auch bei der WM, die er mit Sam bestreiten wird, die schärfsten Konkurrenten im Titelkampf aus dem eigenen Land kommen werden. Für ihn selbst kann nach den Erfolgen der jüngeren Vergangenheit nur eine Medaille das Ziel sein. "Natürlich rechne ich mir etwas aus", sagt er. "Ich habe im Moment ein Spitzengefühl."

Die dritte und letzte Qualifikationsprüfung zur Springsportserie Lotto 3plus1 im Rahmen des Vielseitigkeitsturniers in Schenefeld wurde abgesagt. Der Grund: Die Bodenverhältnisse auf der Anlage des Elbdörfer- und Schenefelder Reit- und Fahrvereins ließen keinen Großen Preis zu.