Die Eishockeyspieler der Hamburg Freezers sind bereit für die neue Saison und ihr kraftraubendes System

Braunlage. Boris Rousson hatte es schon am Freitagabend geahnt. "Unser Trainer weiß genau, was man braucht, um den Wurmberg-Cup zu gewinnen", witzelte der Assistenzcoach der Hamburg Freezers beim Abendessen im "Raum Niedersachsen" des Maritim-Hotels in Braunlage. Tatsächlich hatte Stephane Richer, neuer Übungsleiter des Klubs aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), das traditionsreiche Vorbereitungsturnier im Harz schon vor der vergangenen Saison mit seinem damaligen Klub Kassel Huskies gewonnen. Durch Siege über den österreichischen Vizemeister Black Wings Linz (2:1), den slowakischen Erstligaklub HKM Zvolen (4:1) und zum Abschluss am Sonntagnachmittag gegen den Zweitligisten Hannover Indians (4:1) gelang dem 44 Jahre alten Frankokanadier mit seinem neuen Team nun die Titelverteidigung.

Natürlich ist der Triumph am Fuße des Wurmbergs noch kein Grund, eine größere Vitrine anzuschaffen oder den Rathausbalkon für die Meisterfeier zu reservieren. Dennoch dürfen Verantwortliche und Fans der Freezers nach diesem Wochenende mit einiger Zuversicht auf den Saisonstart am 3. September blicken. "Die Jungs haben trotz dreier Spiele innerhalb von 48 Stunden super gearbeitet. Sie kapieren das System, drei Gegentore in drei Spielen sind klasse. Zudem sind wir als Team zusammengewachsen", resümierte Richer.

Besonders auffällig war, dass die auf 18 Positionen veränderte Mannschaft das System des aggressiven Forecheckings langsam verinnerlicht hat. Das kann nur funktionieren, wenn alle ihre Aufgabe erfüllen und bereit sind, für den anderen mitzuarbeiten, was wiederum großen Teamgeist voraussetzt. An diesen Dingen haben Richer und sein Team in den vergangenen Wochen hart gearbeitet. "Ich habe das Gefühl, dass wir in diesem Jahr 22 Spieler haben, die auf dem gleichen Level sind, was die Einstellung betrifft. Alle ziehen bedingungslos mit und haben den Anspruch, sich jeden Tag zu verbessern. Das war nicht immer so", sagt Kapitän Alexander Barta.

Die Schwäche der ersten Testspiele, als das erste Drittel regelmäßig verschlafen wurde, scheint inzwischen behoben. "Wir haben ein ruhiges Team, es gibt keinen Lautsprecher, der die anderen emotional anpeitscht. Deshalb hat es etwas gedauert, bis die Mannschaft ins Rollen kam. Aber jetzt wissen die Jungs, was sie tun müssen", sagt Rousson. Richer untermauert seinen Anspruch, alle Spieler als gleich wichtig zu betrachten, damit, dass er tatsächlich niemanden mit mangelnder Eiszeit abspeist. Er will mit vier ausbalancierten Sturmreihen spielen, weil er weiß, dass er sie für sein kraftraubendes System braucht. Vor allem die jungen Deutschen zahlen das Vertrauen mit Leistung zurück. In Braunlage war es die Reihe mit Thomas Holzmann, Thomas Oppenheimer und Garrett Festerling, die die meisten Pluspunkte sammelte.

Aber auch die Formation mit dem extrem einsatzfreudigen Brett Engelhardt, Colin Murphy und Joey Tenute und die Reihe mit Barta, Jason King und Jerome Flaake überzeugten. In der Defensive stach der zweikampfstarke Matt Cohen hervor. Auf der Torwartposition machte Nachwuchstalent Niklas Treutle gegen Zvolen erneut auf sich aufmerksam. Stammkeeper Marc Lamothe spielte entsprechend seines Naturells unauffällig, aber solide.

Was dem Trainerteam jedoch besonders gefällt, ist der Fortschritt der Mannschaft im zwischenmenschlichen Bereich. Beim gemeinsamen Essen wird darauf geachtet, die Grüppchenbildung aus jungen Deutschen und kanadischen Importspielern immer wieder aufzubrechen. Ein Führungsspieler wie Rainer Köttstorfer setzt sich aber auch ohne Anweisung des Trainers zu den Ausländern an den Tisch. Zum Fußballgucken am Freitagabend ging das Team fast geschlossen in eine Bar, zwei Weizenbier waren für jeden Spieler erlaubt, die Selbstkontrolle funktionierte

Er setzt auf flache Hierarchien, lässt sich von den Spielern duzen und "Rich" nennen. Die Hierarchie ist flach, zu Sitzungen des Mannschaftsrats mit Barta, Köttstorfer, Lamothe, Engelhardt, Patrick Traverse und Jean-Philippe Coté sollen auch immer junge Spieler hinzukommen, um Verantwortung zu lernen. Den Rest der Zeit bis zum Saisonstart wird Richer für Feintuning nutzen. Man wird das Gefühl nicht los, dass er mehr weiß als nur, wie man den Wurmberg-Cup gewinnt.

Tore gegen Zvolen: 1:0 Tenute (12.), 2:0 Holzmann (17.), 3:1 Festerling (40.), 4:1 Oppenheimer (49.). Tore gegen Hannover: 1:0 Barta (17.), 2:0 Tenute (19.), 3:1 Barta (35.), 4:1 Bassen (51.).