Steffen Deibler verpasst bei der Schwimm-EM in Budapest das Finale über 100 Meter Schmetterling

Budapest. Unterschiedlicher hätten die Bilder kaum ausfallen können: auf der einen Seite das neue deutsche Freistil-Sternchen Silke Lippok, 16, die mit zwei grün lackierten Fingern über dem rechten Auge gut gelaunt eine Ankündigung für ihr 200-Meter-Finale am heutigen Sonnabend in die TV-Kamera spricht. Auf der anderen Seite die alte deutsche Schmetterling-Hoffnung Steffen Deibler, 23, der nach seinem knapp verpassten Finale über die 100 Meter nur unwillig "Das war nix" in Richtung Reporter brummt. Und zu allem Überfluss im Hintergrund immer wieder dieselbe Musik, die die Zuschauer im Budapester Alfred-Hajos-Bad zu Standing Ovations für die am laufenden Band gekürten Europameister auffordert: "Stand up for the Champions, for the Champions stand up."

Am Endlauf schwamm er vorbei, weil er zu schnell angegangen war

Um 22 Hundertstel schrappte der Hamburger am Freitagabend als Halbfinalneunter in 52,92 Sekunden an der Endrunde der besten acht vorbei. "Ein bisschen zu schnell angegangen" sei er dieses Rennen, zu dessen Gunsten der Student der Umwelttechnik am Donnerstag sogar auf einen Start über die 100 Meter Freistil verzichtet hatte.

Schon am Dienstag hatte der Kurzbahn-Weltrekordler auf der halben Distanz ähnliches Pech, als er als Vierter einen Podestplatz verpasste. Ein Knackpunkt in Deiblers EM-Woche, findet Dirk Lange. "Wäre am Dienstag der Knoten geplatzt", da ist sich der Bundestrainer sicher, "dann wäre es für ihn diesmal anders gelaufen." Schwimmerisch, so Lange weiter, gehöre der ehrgeizige Athlet für ihn nach wie vor zu den Besten der Welt. Was bei dieser Eingrenzung ungesagt mitschwingt: Der sensible Kopf ist nur noch nicht so weit wie der muskulöse Körper.

Wie weit Deibler in Sachen Kraft, Ausdauer und Technik, wie weit er sich also "schwimmerisch" tatsächlich an die Weltspitze herangekämpft hat, zeigt nicht nur sein Kurzbahn-Weltrekord. Auch im Jahr eins nach den Auftrieb verleihenden Power-Pellen hat Steffen Deibler die Besten im Becken, wie die französischen Freistil-Riesen Alain Bernard und Frédérick Bousquet, schon auf die Plätze verwiesen. Nur eben nicht bei internationalen Titelkämpfen. Noch nicht. Sagen die Optimisten. Dirk Lange ist so einer. Er jedenfalls bleibt dabei: "Wenn Steffen ein Rennen mal trifft, dann wird er für lange Zeit von niemandem auf der Welt zu halten sein."

Steffen Deiblers letzter Einzelstart sind die 50 Meter Freistil

Abschreiben will Steffen Deibler die Wettkämpfe auf der Margareteninsel, wo er vor fünf Jahren bei den Junioren-Europameisterschaften zu vier Goldmedaillen geschwommen ist, ohnehin noch nicht. Immerhin kann der geknickte Sprintspezialisten nun über die 50 Meter Freistil am heutigen Sonnabend all seinen Frust wegschwimmen, ohne dabei einen Gedanken an das unmittelbar nach den Halbfinals aufgerufene 100-Meter-Schmetterling-Finale verschwenden zu müssen. Am Sonntag winkt zudem noch eine Medaille mit dem deutschen 4x100-Lagen-Quartett.

Dann bekommt auch Steffen Deibler sie vielleicht doch noch zu hören, die Musik, die ihn in den vergangenen Tagen so zu verhöhnen schien.