Bei der Schwimm-EM wurde der Hamburger Vierter

Budapest. Als Steffen Deibler im Budapester Alfred-Hajos-Bad nach 50 Metern Delfin die Hände zum Zielanschlag gegen die Wand schmetterte, war der Europameistertitel bereits vergeben. Das wusste er. Doch erst als er den Kopf Richtung Anzeigentafel hob, wurde ihm das ganze Ausmaß eines "ziemlich verrissenen" Finals klar: Der Hamburger schrappte beim Sieg des Spaniers Rafael Muñoz (23,17 Sekunden) knapp an seiner ersten Medaille bei internationalen Titelkämpfen vorbei. Der Spanier übrigens hat in den vergangenen zehn Monaten drei Dopingtests verpasst. Um die obligatorische Sperre kam er bislang herum.

"Platz vier ärgert mich gar nicht so sehr", gab Deibler, 22, anschließend zu Protokoll. Vielmehr sei er über die Zeit von 23,63 Sekunden enttäuscht. "Ich weiß, dass ich mehr draufhabe", schimpfte der deutsche Meister. Dabei habe er sich während der gesamten Vorbereitung unheimlich gut gefühlt. Kein Vergleich zur für ihn desaströsen WM im vergangenen Jahr in Rom. Und auch nach dem Halbfinale am Montag ging er noch gut gelaunt den Gang von einer Kamera zur nächsten. Doch am Ende sollte es für das Dauertalent der vergangenen Jahre wieder nicht reichen.

Seit einigen Jahren warten Trainer und Kollegen nun schon auf den Durchbruch der deutschen Freistil- und Schmetterling-Hoffnung auf den kurzen Strecken. Und nach der enttäuschenden Rom-Episode setzte Steffen Deibler im Winter mit zwei Kurzbahn-Weltrekorden über die 50 Meter Schmetterling tatsächlich die erwarteten Ausrufezeichen. Woran also kann es gestern gelegen haben? Steffen Deibler kam bei dieser Frage nicht umhin, sich einzugestehen, dass ihm vielleicht doch die nötige Lockerheit für ein mit so großen Erwartungen an den Kurzbahn-Weltrekordler gespicktes Finale fehlt. Wie er das abstellen will? Am besten durch Übung. Und davon bekommt er in dieser Woche genug. Läuft alles planmäßig, erhält der Vielarbeiter im deutschen Team in vier Finals (50, 100 m Freistil, 100 m Schmetterling, 4x100 m Lagen) die Chance, sich zu beweisen.

Ob Bruder Markus mit dem Druck eines prominent gespickten Finals besser zurechtkommt, wird sich heute (Eurosport ab 17 Uhr, ARD ab 17.15 Uhr) zeigen. Doch eigentlich plagen den 20-Jährigen zurzeit ganz andere Sorgen. Der zweite Hamburger in der ungarischen Hauptstadt, der sich trotz immensen Trainingsrückstands überraschend als deutscher Meister für die 200 Meter Lagen qualifizierte, bekommt gerade mit jedem Sprung ins Wasser zu spüren, was eine Mandeloperation im Februar mit anschließenden Komplikationen mit seinem Körper angestellt hat.

"Ich gehe bei jedem Rennen an mein absolutes Limit", spricht Markus Deibler daher auch nur kurz in eine Kamera, bevor er sich sofort in die Hände des Team-Physiotherapeuten begibt, der ihn sofort osteopathisch behandelt, um seine Atemwege einigermaßen frei zu legen. Große Reden schwingen oder überhaupt nach dem Rennen aufrecht stehen - "dazu wäre er im Moment gar nicht in der Lage", beschreibt Trainerin Petra Wolfram seinen Zustand. Was sie von ihm erwartet? "Ich weiß, dass er an seine Grenzen gehen kann. Aber jederzeit kann sich auch sein Trainingsrückstand bemerkbar machen."