Webber profitiert von einer Durchfahrtstrafe des Deutschen

Budapest. Wenn Sebastian Vettel in dieser Saison nicht Formel-1-Weltmeister wird, darf er die Schuld nicht bei anderen suchen. Red Bull hat ihm das mit Abstand schnellste Auto des Feldes gebaut, das auf jeder Strecke konkurrenzfähig ist, siebenmal stand er nach dem Training auf dem ersten Startplatz. Aber die WM-Wertung führt ihn nur auf dem dritten Platz, zehn Punkte hinter seinem Teamgefährten Mark Webber, der in Budapest den Sieg im Großen Preis von Ungarn abstaubte, und sechs Punkte hinter dem bisherigen Tabellenführer Lewis Hamilton im McLaren-Mercedes, der diesmal leer ausging.

"Das wäre heute ein Spaziergang gewesen, das Rennen zu gewinnen", ärgerte sich Vettel über die verpasste Chance. "Ich hätte gewinnen müssen!" Red-Bull-Teamchef Christian Horner bedauerte: "Diesen Sieg hätte er locker einfahren können." Immerhin nutzte sein zweiter Pilot Mark Webber die Gunst der Stunde und ist mit nunmehr vier Saisonsiegen der erfolgreichste Fahrer des Jahres.

Was war geschehen?

Vettel ließ sich diesmal nicht beim Start überrumpeln, zog vor Hockenheim-Sieger Fernando Alonso im Ferrari und Webber in die erste Kurve. Mit konstant schnellen Runden setzte er sich ab und schien das Rennen zu diktieren, ehe das Safety-Car in der 15. Runde das Feld zusammenführte, weil ein Teil auf der Rennstrecke lag. Weil Vettel und seine Verfolger sofort zum Reifenwechsel die Box ansteuerten, übernahm Webber die Führung. Beim Neustart leistete sich Vettel dann einen Fauxpas, als er deutlich mehr als die vorgeschriebenen zehn Fahrzeuglängen Platz hinter Webber ließ. "Ich weiß nicht, vielleicht hab ich geschlafen", entschuldigte sich der Heppenheimer, der auf Anweisungen seiner Ingenieure per Funk wartete. Die Entscheidung der Rennleitung: Durchfahrtstrafe! Damit hatte er den Sieg erneut verschenkt. Denn Webber musste ja noch einmal zum Reifenwechsel an die Box.

Kurios, dass Vettel die Vorschrift nicht kannte. "Ich wusste bis nach dem Rennen nicht, was ich falsch gemacht habe", sagte er. Entsprechend wütend und wild gestikulierend war er durch die Boxengasse gefahren. Mit einer Serie schneller Runden kämpfte er sich noch an Alonso heran - nur überholen konnte er nicht.

Ein Überholmanöver der besonderen Art setzte den Schlusspunkt unter ein schwarzes Wochenende für Mercedes. Michael Schumacher, der sich elf Runden vor Schluss von Webber überrunden lassen musste, verteidigte seinen zehnten Platz mit allen Mitteln gegen Rubens Barrichello im Williams. Als der Brasilianer es schließlich auf der Zielgeraden versuchte, zog Schumacher gnadenlos nach rechts, und Barrichello kam mit 290 km/h der Mauer immer näher. "Das war grausam", schimpfte Schumachers früherer Ferrari-Kollege. "Eines der schlimmsten Erlebnisse meiner Karriere. Wenn er vor mir in den Himmel kommen möchte ..."

Schumacher spielte den Unschuldigen. "Für meine Begriffe war genügend Platz, dass er vorbeikonnte. Ich wollte ihm das Leben so schwer machen wie möglich." Die Rennleitung erkannte auf Behinderung und bestrafte den Altmeister im Vorwege auf das nächste Rennen. Beim belgischen Grand Prix in vier Wochen wird Schumacher um zehn Startplätze zurückgestuft.

Auch das Team erhielt eine Strafe. Weil Nico Rosberg nach einem Boxenstopp ein Hinterrad verlor, erhielt Mercedes wegen Fahrlässigkeit einen Bußgeldbescheid über 50 000 Dollar. "Das kann passieren", äußerte sich Rosberg milde. "Von mir gibt es kein ernstes Wort." Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug hakte das Wochenende mit der frustrierenden Bilanz "Heute lief gar nichts" ab. Die Herren der Silberpfeile konzentrieren sich bereits jetzt auf die nächste Saison.

Das erfreulichste Resultat aus deutscher Sicht war der sechste Platz für Nico Hülkenberg. Dem Williams-Neuling gelang in seiner Premieren-Saison das bislang beste Ergebnis.