Olympiasieger übernimmt mit Rang zwei in Hamburg die WM-Führung - 260 000 Zuschauer feiern die Triathleten

Hamburg. Bis die Spatzen etwas von den Dächern pfeifen, vergeht heutzutage häufig nur noch wenig Zeit. Am frühen Freitagabend verkündete Olympiasieger Jan Frodeno über den Internetdienst Twitter (z. Dt. Zwitschern), dass er soeben eine hervorragende Trainingseinheit mit allen Bestandteilen eines Triathlons - also Schwimmen, Radfahren und Laufen - absolviert habe. Der Olympiasieger aus Saarbrücken wollte keine Zweifel aufkommen lassen, dass er sich in Topform für die Deutschland-Etappe der siebenteiligen Weltmeisterschaftsserie befinde. Es dürfte nur Minuten gedauert haben, bis sich die Nachricht in der (Fach-)Welt verbreitete.

Schon in den Tagen zuvor hatte Frodeno kaum eine Möglichkeit ausgelassen, seine Ansprüche für Hamburg öffentlich zu machen. Eine Topplatzierung solle her, nach Möglichkeit sogar der erste Sieg für den 28-Jährigen in einem großen Rennen außerhalb Asiens. Frodenos kanadischer Trainingspartner Simon Whitfield, ebenfalls ein Olympiasieger, hatte zudem verraten, in welch guter Verfassung sein Konkurrent sei. Die Erwartungen waren entsprechend hoch, als Frodeno schließlich am Sonnabend um 13.36 Uhr ins 25,5 Grad warme Wasser der Alster sprang.

Etwas mehr als 100 Minuten später ließ er sich nur wenige Meter hinter dem Zielstrich auf den Rathausmarkt fallen, lehnte sich kurz darauf schwer atmend gegen eine Bande und verlangte nach einer Flasche Wasser. Der gebürtige Kölner hatte alles gegeben, war unter dem lautstarken Jubel Tausender Fans rund um die Reesendammbrücke mit der Spitzengruppe aus der Alster gestiegen, hatte auf dem Rad Tempo gemacht und sich anschließend auf der Laufstrecke mit dem Spanier Javier Gomez abgesetzt. In der Schlussrunde ging ihm dann allerdings ein wenig die Kraft aus, der galizische Weltmeister von 2008 zog zur Freude der neuen, spanischen Triathlon-Weltverbandspräsidentin Marisol Casado, die wie die Veranstalter der anderen sechs WM-Etappen die Rennen in Hamburg live verfolgte, auf dem Jungfernstieg davon. "Ich habe dann mehr oder weniger instinktiv das Ziel gefunden", sagte Frodeno später.

Trotz Lenker, Trinkflasche und Schuhen mit Goldverzierung musste er sich mit Silber zufriedengeben. Die Enttäuschung darüber, dass es wie schon vor zwei Jahren in Hamburg nur zum zweiten Platz reichte, verflog jedoch sofort. "Es war ein bisschen wie beim Fußball: Wir mussten uns den Spaniern geschlagen geben, aber wenigstens sind die Engländer hinter uns", erklärte Frodeno. Der Brite Tim Don, Weltmeister von 2006, hatte den dritten Platz belegt. Dass "Frodo" zu Scherzen aufgelegt war, lag auch daran, dass er mit dem zweiten Rang die Führung in der WM-Gesamtwertung übernahm, weil er - um bei den pfeifenden Spatzen zu bleiben - am bislang an der Spitze liegenden Russen Alexander Bryukhanov vorbeizwitscherte. "Ich gebe mich für heute gern mit einem schönen Trostpreis zufrieden", sagte Frodeno.

Gomez, 27, der bereits vor vier Jahren in Hamburg gewann, freute sich derweil auf den Tag darauf, weil er dann ganz entspannt verfolgen wollte, wie sich seine Freundin Ricarda Lisk aus Waiblingen in der Frauen-Konkurrenz schlug. Die 29-Jährige landete schließlich am Sonntag auf dem 15. Platz und wurde beim Sieg der Schwedin Lisa Norden zweitbeste Deutsche. Lisks Teamkollegin Svenja Bazlen belegte Rang 13. 260 000 Zuschauer verfolgten nach Angaben des Veranstalters Upsolut an den beiden Triathlon-Tagen die Rennen, zu denen sich auch wieder über 8000 "Jedermänner" angemeldet hatten. "Wir sind superhappy mit dem Verlauf", sagte Upsolut-Geschäftsführer Frank Bertling, der für die nächste Auflage im kommenden Jahr gerne noch mehr Amateuren eine Startmöglichkeit geben möchte.

Zunächst richtet er wie die Profis jedoch seine Augen nach London, wo Upsolut in der kommenden Woche auch die nächste WM-Etappe veranstaltet. Frodeno will die Zeit bis zur Weiterreise in die britische Hauptstadt in Hamburg verbringen, um Reisestress zu vermeiden. Mit ein wenig Glück wird man ihn in den nächsten Tagen also noch die eine oder andere Runde um die Alster drehen sehen. Auch in der Innenstadt kann man den Kaffeeliebhaber treffen, wenn er auf der Suche nach einem guten Espresso durch die Straßen zwitschert.