Hamburgs Leichtathleten kämpfen bei den deutschen Meisterschaften um EM-Startplätze

Hamburg. Wer auf der Webseite des Hamburger Leichtathletik-Verbandes Nadja Käthers Profil aufruft, dem springt eine junge Frau entgegen, die offenbar viel vorhat. Man erfährt, dass die "Finalteilnahme bei den Olympischen Spielen 2012" ihr Ziel ist, die "Etablierung in der nationalen und internationalen Weitsprungspitze". Beim Stichwort "Ausrüster" muss sie aber passen: "Wenn jemand möchte, gerne ..."

Es ist gut möglich, dass Käther, 21, den Punkt bald abhaken kann. Auf 6,66 Meter hat sich die Lehramtsstudentin in dieser Saison steigern können, landesweit sprang nur die gebürtige Hamburgerin Bianca Kappler (Rehlingen/6,70) weiter. Gelingt Käther bei den deutschen Meisterschaften am Wochenende in Braunschweig der Sprung unter die ersten drei, wäre sie für die EM in Barcelona (27. Juli bis 1. August) qualifiziert. Sie würde nicht nur die großen Sportartikelhersteller auf sich aufmerksam machen, sondern auch bei ihrem Verein, dem Hamburger SV, eine höhere Förderstufe erklimmen.

Ihr Freund Helge Schwarzer wird das bestätigen können. Noch vor einem Jahr schwebte der Hürdensprinter knapp über dem Existenzminimum. Dann gelang ihm die Qualifikation für die WM in Berlin, wo er sich bis ins Halbfinale vorkämpfte. "Jetzt unterstützt uns der HSV so gut, dass wir professionell aufgestellt sind", sagt sein Trainer Joachim Witt. Dass Schwarzer, 24, dennoch in dieser Saison nicht recht ins Rollen kommen will, beunruhigt ihn kaum: "Weil die Europameisterschaften so kurz auf die deutschen folgen, mussten wir den Trainingsaufbau so gestalten, dass Helge spät in Form kommt." Das erkläre auch, weshalb Schwarzer erst einmal in 13,58 Sekunden die EM-Norm unterbieten konnte. Gefordert sind eigentlich zwei Läufe unter 13,60, aber weil das bislang nur der Leipziger Alexander John (Saisonbestleistung 13,47) vorzuweisen hat, wird alles auf den Finaleinlauf in Braunschweig ankommen. "Das ist machbar, denn die Form ist gut", glaubt Witt.

Nils Winter vom Buxtehuder SV würde ein Sprung unter die ersten drei allein nicht reichen. Zwölf Zentimeter trennen den Hallen-Vizeeuropameister bislang von der EM-Schwelle von 8,00 Metern, die bislang einzig der Ludwigshafener Christian Reif (8,27) überschritten hat. Zuletzt bremste Winter, 33, eine Augenverletzung. "Ich traue es Nils zu, aber dafür muss alles zusammenpassen", sagt der Hamburger Weitsprung-Bundestrainer Uwe Florczak. Besonders gespannt ist er auf den Auftritt des Neu-HSVers Sebastian Bayer, 24, der nach elf Monaten Verletzungspause in Braunschweig seinen ersten Sprung aus vollem Anlauf wagen will. Sein letzter schmerzfreier Versuch hatte Bayer bei den Titelkämpfen 2009 auf 8,49 Meter getragen und all die Kritiker besänftigt, die seinen Halleneuroparekord (8,71) für einen Eintagsflug gehalten hatten. Florczak sagt: "Sebastian muss jetzt die Memory-Taste drücken."

Vier Hamburger Fragezeichen also - nur bei Markus Münch, 24, ist der Fall klar. Der Diskuswerfer der LG Wedel-Pinneberg kann bereits für Barcelona planen, nachdem er die Norm (64,00 Meter) zweimal übertroffen und sich mit 65,37 Meter sogar in Europas Top Ten katapultiert hat. In Braunschweig auf den Titel zu hoffen, wäre allerdings vermessen: Er dürfte für Weltmeister Robert Harting (Berlin/68,69) reserviert sein.