Hamburger Boxweltmeisterin Susi Kentikian bereitet sich auf ihren letzten Auftritt im ZDF am Sonnabend in Schwerin vor

Hamburg. "Dass es mein letzter Live-Kampf im Fernsehen sein könnte, interessiert mich überhaupt nicht. Ich boxe jetzt so, als ob es ein ganz normaler Kampf wäre, und den Rest blende ich aus." Susi Kentikian hat diese Sätze gesagt, und man würde ihr gerne glauben. Einerseits ist sie erst 22 Jahre alt und hat die Zukunft noch vor sich, andererseits ist sie nach 27 Profiboxkämpfen ohne Niederlage schon so erfahren, dass man ihr zutrauen sollte, sich vollständig auf das Duell mit der Mexikanerin Arely Mucino an diesem Sonnabend in Schwerin fokussieren zu können.

Aber irgendwie steht in diesem Juli, an dessen Ende die acht Jahre währende Kooperation zwischen Kentikians Promoter Universum und dem ZDF ausläuft, der Zweifel immer mit im Ring. Seit Monaten wird über das Fortbestehen des 1984 gegründeten Hamburger Profistalls diskutiert, doch niemand außer Universum-Chef Klaus-Peter Kohl und seinem designierten Nachfolger Dietmar Poszwa kennt konkrete Pläne. "Mit uns Boxern wird über dieses Thema nicht gesprochen. Aber ich vertraue Universum und mache mir deshalb keine Gedanken", sagt Kentikian, die ihren noch gut zweieinhalb Jahre laufenden Vertrag erfüllen will.

Man mag das für naiv halten, doch Sportler tendieren in der Vorbereitung auf wichtige Kämpfe dazu, störende Faktoren nicht an sich herankommen zu lassen. Zumal die Dreifach-Weltmeisterin im Fliegengewicht zuletzt Probleme offenbart hatte. In ihrem letzten Kampf am 24. April in der Sporthalle Hamburg rettete sie sich zu einem 2:1-Punktsieg über Nadia Raoui (Herne), den einige Beobachter als zweifelhaft wahrnahmen. Das angedachte Rematch scheiterte an zu hohen Börsenforderungen Raouis, Kentikian hofft weiter: "Nicht, weil ich unbedingt beweisen will, dass ich besser bin, denn ich habe den ersten Kampf verdient gewonnen. Aber ich will es einfach besser machen als damals."

Bis heute hat sich die gebürtige Armenierin das Duell nicht in voller Länge angeschaut. Es gebe solche Abende, an denen der Kopf nicht mitspiele. "Daraus kann man nur lernen, dass man jede Herausforderung ernst nehmen muss", sagt sie. "Wenn ich gegen Arely so boxe wie gegen Nadia, dann habe ich keine Chance."

Eine Niederlage, wie sie Anfang des Monats ihre Stallkollegin Ina Menzer erlitt, will das 153 Zentimeter kleine Kraftwerk unbedingt vermeiden. "Für mich wäre das eine große Blamage", sagt sie. Das ZDF hatte anfangs mehr auf Menzer gesetzt, zuletzt aber auch Kentikian als Hauptkämpferin akzeptiert. Bei anderen TV-Sendern wie RTL und Sat.1 steht Kentikian wegen ihrer Lebensgeschichte - das Flüchtlingskind, das sich nach oben kämpfte - höher im Kurs. Jeder überzeugende Sieg ist ein schlagkräftiges Argument.

Christoph Wesche hat die Zeichen der Zeit erkannt. Der Hamburger PR-Profi, der Kentikian als Manager betreut, arbeitet seit Monaten daran, die Sportlerin in der Öffentlichkeit breiter aufzustellen. Neben dem Sport soll die Politik, für die Kentikian als gelungenes Beispiel von Integration dient, ein Betätigungsfeld werden, ebenso sind Themen wie Mode und Lifestyle für die "Killer Queen" interessant. Mit dem Stuttgarter Vermarkter Bernd Feil, der sich als Verleger des US-PopArt-Künstlers James Rizzi einen Namen gemacht hat, hat Wesche eine Imagekampagne erarbeitet, um Kentikian neue Chancen zu eröffnen. "Es wird Zeit, dass Susi auf mehreren Bühnen wächst", sagt er. Denn wer auf mehreren Bühnen spielen kann, der verkraftet es eher, wenn eine geschlossen wird.