2016 wird Kitesurfen olympisch. Die Elite trifft sich in diesen Tagen bei Weltcups an der Nordsee

Hamburg/Westerland. Ginge es nach Linus Erdmann, hätte das Wetter ruhig noch ein bisschen länger so bleiben können wie am Dienstag auf Sylt: mit ordentlich Wellengang und einer steifen, auflandigen Brise. Bei fünf Windstärken fange der Spaß am Freestyle-Kitesurfen gerade erst an, erzählt der 15 Jahre alte Hamburger. Wenn er dann den Druck des Lenkdrachens spüre und kopfüber bis zu acht Meter über der Wasseroberfläche schwebe, fühle es sich an, als ob die Zeit stehen bleibe.

Am Dienstag hatte Linus Erdmann sehr viel Spaß, und das nicht nur, weil er sich am Ende der Ausscheidungsrennen beim Weltcup der Kitesurf Tour Europe vor Westerland als Neunter inmitten der europäischen Elite wiederfand. "Richtig gut gelaufen" sei es, erzählt der Neuntklässler der Rudolf-Steiner-Schule Altona. Da ließ es sich gut verschmerzen, dass gestern plötzlich Flaute herrschte. Zum Wochenende hin soll der Wind wieder auffrischen, was Linus Erdmann Gelegenheit geben wird, an seinen Tricks zu arbeiten.

Wie immer wird sein Vater und Trainer alles auf Video festhalten. Die besten Drehungen, die höchsten und weitesten Sprünge landen dann auf der Homepage. Im Internet tauscht sich die Szene über die neuesten Trends einer Sportart aus, die selbst längst mehr als ein Trend ist. Binnen gut eines Jahrzehnts hat Kitesurfen weltweit mehr als eine halbe Million Anhänger gefunden. Linus Erdmann hat als Zehnjähriger angefangen. "Für noch Jüngere wäre es zu gefährlich gewesen." Inzwischen sei das Risiko dank technischer Innovationen deutlich geringer geworden. Geblieben sind die Vorteile: schnell zu lernen, leicht zu transportieren, in der Anschaffung günstig - eine professionelle Ausrüstung kostet 2000 Euro.

Wie jede junge Sportart schreibt auch das Kitesurfen ständig neue Rekorde. 160 Athleten aus 28 Ländern machen den Sylter Weltcup zur größten Veranstaltung ihrer Art weltweit. Im Vorjahr wurden 75 000 Besucher am Brandenburger Strand gezählt. Was die Popularität betrifft, könnten die Kiter über kurz oder lang den klassischen Surfern den Wind aus den Segeln nehmen. Sportlich scheint der Siegeszug der handlichen Lenkdrachen ohnehin nicht aufzuhalten zu sein. 2016 werden sie die Windsurfer aus dem olympischen Programm verdrängen.

"Für die weitere Entwicklung unseres Sports ist das sehr gut", sagt Linus Erdmann. Für ihn selbst sind die Spiele in Rio allerdings kein Ziel: "Reines Racing ist mir zu langweilig, das ist vor allem eine Materialschlacht." Linus Erdmann will lieber weiterhin große Sprünge machen. Körperlich kann er es dank seiner 1,90 Meter schon mit den Stärksten seines Sports aufnehmen.

Ende nächster Woche geht es weiter nach St. Peter-Ording zum Weltcup des Konkurrenzverbands PKRA. Dort will sich Linus Erdmann bei den Stars die neuesten Tricks abschauen.