Staffel-Gold für deutsche Damen. Magdalena Neuner zum Abschied Zehnte

Ruhpolding. Wild entschlossen stapfte Magdalena Neuner durch den tiefen Schnee, aber einer Medaille im letzten WM-Rennen ihrer Karriere lief sie vergeblich hinterher. Die 25-Jährige setzte beim Massenstart insgesamt sechs Patronen daneben und bezeichnenderweise auch den letzten Schuss ihrer letzten Fünferserie. Vorn waren ihre Gegnerinnen Kaisa Mäkkäräinen, Marie Laure Brunet und Tora Bergen längst enteilt, als Neuner nach insgesamt dreimal 150 Extrametern in der Strafrunde auf ihre letzte Schleife einbog. Als Siegerin Berger aus Norwegen dann das Rennen austrudeln ließ und sich dahinter die Französin Brunet und die Finnin Mäkkäräinen gegenseitig beglückwünschten, brandete der Jubel auf der Haupttribüne der Chiemgau-Arena in Ruhpolding erst richtig auf. Dabei war es fast so, als würde Neuner gar nicht über die Ziellinie fahren wollen, als wolle sie ihren Abschluss rückgängig machen. Platz zehn registrierte sie mit ratloser Miene.

So viel Abschied war nie. Neuner bekam einen Strauß roter Rosen in die Hand gedrückt, auf der benachbarten Skisprungschanze ließ ihr Sponsor ein Dankesplakat entrollen.

An mangelnder Kraft und Konzentration habe es am Sonntag gelegen, ging Neuner mit sich hart ins Gericht. "Ich weiß auch nicht, was los war. Gut, dass es jetzt vorbei ist", sagte die Titelverteidigerin, kämpfte mit ihren Tränen und wurde dann versöhnlich: "Vier Medaillen sind doch nicht so schlecht", sagte der Star der deutschen Mannschaft, der zwei Titel, einmal Silber und einmal Bronze, abräumte. Bundestrainer Gerald Hönig haderte, dass Neuner vielleicht beim letzten Schießen "ein etwas zu hohes Risiko gegangen" war. Bereits beim Sieg im Staffelrennen hatte die deutsche Paradeläuferin als Einzige der deutschen Viererbande eine Strafrunde laufen müssen.

Neuners Motivation dagegen ist ungebrochen. "Ich feiere erst, wenn ich in Chanty-Mansijsk in der Disco stehe", sagte sie selbst. Am kommenden Sonntag wird sie sich im Saisonfinale nach dem Massenstartweltcuprennen von der Biathlonbühne verabschieden. Womöglich könnte sie mit dem Gewinn des Gesamtweltcups ihr verfehltes WM-Ziel von sechs Medaillen relativieren. Ihre WM-Medaillensammlung wuchs in Ruhpolding auf 17 Plaketten an, zwölf davon aus Gold. Ihr Sieg mit der Staffel am Sonnabend war ein starker Trost für das wehmütige Ende.

Tausende strömten am Abend zu den Medaillenzeremonien und rührten da schon Neuner und ihre Kolleginnen zu Tränen. "Ihr seid die Besten, und ich werde euch vermissen", schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. "Diese WM war ein besonderes Highlight für mich. Ich möchte allen Fans von Herzen Danke sagen", rief sie dann am Sonntag nach dem Rennen den Zuschauern zu.

Da ging es fast unter, dass Andrea Henkel auf Rang elf landete und Tina Bachmann als Vierte das Siegerpodest im Massenstart knapp verfehlte. Den tragischen Helden aber gab der Ruhpoldinger Andreas Birnbacher bei seiner Heim-WM. Er vergab durch einen Fehler beim letzten Schießen des Massenstarts Gold, verlor den Zielspurt um Bronze und wurde wie im Einzelrennen Vierter. Der Franzose Martin Fourcade wurde mit seinem dritten Titel zum erfolgreichsten Teilnehmer der Titelkämpfe. Arnd Peiffer wurde Siebter.

"Das ist ärgerlich", sagte Birnbacher. "Ich wollte unbedingt eine Einzelmedaille gewinnen. Ich hatte einen kleinen Strauchler auf der Zielgeraden. Da war es vorbei", brummte der nach zwei Siegen in diesem Winter Führende der Massenstart-Weltcupwertung.

Der Stimmung in Bayern tat das keinen Abbruch. Die Verfolgung der Frauen am Sonntag vor einer Woche sorgte für einen neuen Quotenrekord bei Biathlon-Übertragungen mit 7,01 Millionen Zuschauern. Das Staffelgold von Bachmann, Neuner, Miriam Gössner und Andrea Henkel am Sonnabend erreichte mit 5,47 Millionen einen Marktanteil von 33,4 Prozent.

Für die Biathlonfamilie wird es schwer sein, ohne Neuner die Begeisterung auf dem Niveau zu halten.