Das Leichtathletikpaar Nadja Käther und Helge Schwarzer startet am Wochenende bei der Hallen-WM in Istanbul

Hamburg. Die gemeinsamen Tage in Istanbul wollen Nadja Käther und Helge Schwarzer genießen, so gut es eben geht. Seit Jahren schon hätten sie ja auf dieses Erlebnis hingearbeitet: zusammen bei einem großen Leichtathletikwettkampf an den Start zu gehen. Bisher war stets mal die eine, mal der andere qualifiziert, und der Partner konnte jeweils nur als Zuschauer dabei sein. Diesmal hat es endlich für beide gereicht: Sowohl die Weitspringerin als auch der Hürdensprinter vom HSV dürfen Deutschland an diesem Wochenende bei der Hallen-WM vertreten.

Überhaupt verläuft die Saisonkurve des Hammer Studentenpaars diesmal fast synchron. Beide erfüllten frühzeitig die Norm für Istanbul, jeweils mit persönlichen Bestleistungen: Käther sprang 6,66 Meter weit, Schwarzer lief die 60 Meter in 7,58 Sekunden. Beide mussten bei den deutschen Meisterschaften in Karlsruhe am vorvergangenen Wochenende mit einer Enttäuschung fertig werden. Schwarzer, 26, blieb nur der vierte, Käther, 23, gar nur der siebte Platz. Aber beide hatten eben auch das Glück, dass nicht zwei andere die WM-Vorgabe erbrachten.

"Wir waren natürlich enttäuscht", sagt Käther, "aber wir wissen beide, woran es lag." Wenn man so will, ließe sich das Problem auf einen Zentimeter reduzieren. Etwa um dieses Maß setzte Schwarzer seinen ersten Sprung zu tief an. Er blieb mit dem Nachziehbein hängen, und als er verdreht an der zweiten Hürde ankam, konnte er seinen ersten Meistertitel abschreiben. Bei Käther war es ein überschüssiger Zentimeter beim ersten Absprung. Es war ein sehr guter Versuch, der ihr die nötige Sicherheit hätte geben können. Stattdessen sollten in diesem Wettkampf noch drei weitere ungültige folgen. Aber dafür rechtfertigen, dass sie nach Istanbul darf, müsse sie sich nicht: "Alle haben in dieser Saison gesehen, dass mit mir zu rechnen ist."

Auch Schwarzer glaubt zu wissen, was die Menschen da draußen wieder denken: dass er nicht die richtige Einstellung zu deutschen Meisterschaften finde. Und vielleicht hätten sie damit sogar recht: "Die Häufigkeit, mit der ich die Endläufe vermassele, ist ja auch eklatant." Am liebsten würde er den Zweiflern - auch den Selbstzweifeln - mit einer guten Zeit in Istanbul die Antwort geben. Bei seiner ersten Hallen-WM vor zwei Jahren in Doha wurde er Zwölfter, "das war so lala". Diesmal sei seine Form wesentlich besser. Eine Zeit nahe 7,60 Sekunden sollte Sonnabend reichen, um wie bei der WM in Berlin 2009 das Halbfinale zu erreichen.

Käther müsste, will sie ihre Qualifikation am Sonnabend meistern, zunächst einmal eine Fersenprellung überstehen, die sie seit den deutschen Meisterschaften plagt. Sportlich stehe dem Finaleinzug eigentlich nichts entgegen: "Mit 6,60 Metern ist man wahrscheinlich dabei." Bei ihren bisherigen großen Auftritten, der EM in Barcelona 2010 und der Hallen-EM in Paris 2011, sprang sie knapp am Ziel vorbei. Aber seit ihrem Wechsel zur Trainingsgruppe von Männerbundestrainer Uwe Florczak zum Jahreswechsel sieht sie sich auf einer neuen Entwicklungsstufe angekommen: "Ich kann jetzt professioneller trainieren und habe den Weitsprung viel besser kennengelernt. Vor allem für den Anlauf habe ich ein ganz neues Gespür bekommen."

Nach der WM geht die Leichtathletikgemeinschaft Käther/Schwarzer wieder getrennte Wege. Käther bezieht Mitte des Monats zum zweiten Mal binnen drei Monaten ein Trainingslager in Südafrika. Schwarzer reist im April mit seiner Übungsgruppe nach Italien. Wie er die Maßnahme finanzieren soll, weiß er noch nicht genau. Seit er im Vorjahr nach schwächeren Leistungen aus dem Topteam des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) gerutscht ist, fallen die Zuschüsse spärlich aus.

Sollte Schwarzer auch beim HSV mit seinem Anliegen nicht weiterkommen, will er das Trainingslager notfalls selbst bezahlen: "Das Ziel Olympia ist es mir wert." Käther hat es in dieser Hinsicht besser. Als Mitglied des Junior-Elite-Teams, eines Perspektivkaders, den der DLV im Hinblick auf die Spiele 2016 zusammengestellt hat, bekommt sie die Auslagen zumindest für zwei ihrer drei Auslandsaufenthalte erstattet. Der nächste gemeinsame Wettkampf werden wohl erst die deutschen Meisterschaften Mitte Juni in Wattenscheid sein. An den Erlebniswert einer Hallen-WM reichen sie nicht heran. Für die Stadtrundfahrt in Istanbul plant Käther trotzdem ohne Schwarzer: "Er kann regenerierend im Bett liegen. Ich freue mich, einen neuen Ort zu erleben."