In “Unser Mann in London“ erzählt St. Paulis Moritz Volz unterhaltsam über seine Zeit in England

Hamburg. Moritz Volz ist in seinem Element. Die Fußballschuhe hat er gegen eine Kochschürze getauscht. In der kleinen Kellerküche von Fische Schmidt am Eppendorfer Baum steht er am Herd. Er hat alles unter Kontrolle, jeder Handgriff sitzt. Der Außenverteidiger des FC St. Pauli hat zur Vorstellung seines Buches "Unser Mann in London" geladen und serviert britische Köstlichkeiten.

Denn es geht nicht nur um Fußball. Seine Leidenschaften Kochen und Backen spielen auch in Volz' Erstlingswerk eine Rolle. Der Musterprofi berichtet hingebungsvoll, wie er vor Spielen in seiner Londoner Wohnung backte. Königlichen Bananenkuchen gegen Gegner wie Manchester United, rustikalen Karottenkuchen vor Kampfspielen gegen Abstiegskandidaten. Es sind diese Anekdoten, die seine Rückschau auf acht Jahre in London zu einer außergewöhnlichen Fußballerbiografie machen. Er selbst nennt es ein Sachbuch. Denn neben seinem Pionierleben auf der Insel - Volz ging als erster deutscher Jugendfußballer im Alter von 16 Jahren zum FC Arsenal - wird die Geschichte des heute 29-Jährigen zum Insider-Reiseführer durch die englische Hauptstadt. Und natürlich werden auch die Klischees von Deutschen und Engländern liebevoll aufgearbeitet. So wie Volz vom "Zelebrieren des Wetters" durch die Londoner berichtet, so zelebriert er seine Liebe zu der Stadt, die er sein Zuhause nennt. Dabei hatte Volz auf der Insel zunächst einen schweren Stand. Als Teenager verließ er das 2000-Seelen-Dorf Bürbach im südwestfälischen Siegen gen Arsenal, wo er bei einer Gastfamilie wohnte. Seine Mitspieler machten sich über den Deutschen lustig, begrüßten ihn mit Hitler-Witzen. "Ich hatte damals Angst vor dem Mittagessen", schreibt er.

Im Gegensatz zu vielen stereotypen Fußballerbiografien über Helden und Skandale, hat Volz wirklich etwas zu erzählen. Die Geschichte eines intelligenten Fußballprofis, der unter Trainerlegende Arsène Wenger ("Ohne ihn wäre ich nie nach London gekommen") reifte, Prince Charles traf und sich nicht traute, Thierry Henry anzusprechen.

Reichlich Anekdoten aus dem englischen Fußball sorgen für Lesevergnügen. Dass sie sich im Training beim FC Fulham mit nacktem Po ins Tor stellen mussten, ist eine dieser Geschichten. "Aus 20 Metern feuerte die andere Elf Fußbälle auf unsere nackten Hintern. Ich hatte mit meiner Mannschaft das Trainingsspiel verloren." Volz schildert mit einer Detailverliebtheit, die seine Akribie widerspiegelt. Er kritisiert Trends des Profitums mit einstudierten Torjubeln, bunten Schuhen und nimmt Spleens der Branche stilvoll aufs Korn. Fußball-Model David Beckham spricht er hingegen seine Bewunderung aus. "Wenn ich mit dem heutigen Wissen zurückblicke, staune ich noch mehr, wie sehr er mit seiner Art des Seins unseren Beruf verändert hat", schreibt Volz.

In Englands Boulevardpresse wurde der humorvolle Deutsche durch ein David-Hasselhoff-Kostüm, in das er einst für ein Fotoshooting schlüpfte, und sein Klapprad bekannt, mit dem er zum Training beim Londoner Stadtteilklub FC Fulham fuhr.

Erzählt hat Volz auf den 256 Seiten längst nicht alles. "Stoff für eine Fortsetzung hätte ich sicher noch", weckt er Lust auf mehr. Dann gibt es Nachtisch bei Fische Schmidt. Selbstgemachten Bread-and-Butter-Pudding.

Die zweite Mannschaft des FC St. Pauli (13.) kam im Nachholspiel der Regionalliga Nord gegen den SV Wilhelmshaven (15.) nicht über ein 2:2 (0:1) hinaus. Für St. Pauli, bei denen die Profis Morena, Rothenbach und Kalla aushalfen, trafen Kevin Weidlich zum 1:1 und Fousseni Assani per Foulelfmeter zum 2:1. Bei den Profis absolvierte Stürmer Marius Ebbers erstmals wieder individuelles Balltraining.