Bernd Bönte, Manager der Schwergewichts-Boxweltmeister Klitschko, weist die Vorwürfe gegen die Brüder und ihren TV-Partner RTL scharf zurück

Hamburg. Die Ereignisse der Skandalnacht von München, wo sich am vorvergangenen Wochenende Schwergewichtler Dereck Chisora auf der Pressekonferenz nach seiner Niederlage gegen WBC-Weltmeister Vitali Klitschko eine Prügelei mit seinem britischen Rivalen David Haye geliefert hatte, hält die Boxszene weiter in Atem. Zuletzt wurden diverse Vorwürfe laut, die Klitschko-Brüder und ihr TV-Partner RTL hätten die Vorfälle inszeniert. Klitschko-Manager Bernd Bönte, 56, bezieht zu den Vorwürfen Stellung.

Hamburger Abendblatt:

Herr Bönte, ein kürzlich aufgetauchtes Video zeigt Vitali Klitschko, wie er nach der Schlägerei David Haye applaudiert und diesem die Hand schüttelt. Wie kann so etwas sein?

Bernd Bönte:

Dieses Video mag tatsächlich manche Menschen irritieren. Aber es war so: Als Chisora das Podium verließ und auf Haye zuging, sind alle im Raum aufgestanden. Wir konnten nichts sehen, weil uns die Scheinwerfer blendeten und die vor uns stehenden Menschen die Sicht verdeckten. Plötzlich kam Haye in Richtung Vitali, er atmete heftig und sagte, er sei entkommen. Da dachten wir, er sei vor Chisora weggelaufen, und Vitali applaudierte ihm höhnisch. Haye gratulierte ihm zum Sieg, Vitali schlug ein. Das sind die Bilder, die man auf dem Video sieht.

Sie behaupten, zu dem Zeitpunkt nicht gewusst zu haben, dass Haye sich mit Chisora geschlagen hatte?

Bönte:

Richtig. Erst als ich Hayes Trainer Adam Booth sah, der heftig blutete, und die ersten Journalisten uns zuriefen, was passiert war, wurde uns die Lage klar. Ich habe unverzüglich darauf gedrängt, dass wir den Raum verlassen.

Das stimmt, Sie haben gesagt: 'Vitali, lass uns gehen, das ist nicht mehr unser Niveau hier.' Aber hatten Sie nicht auch durch Ihre Provokationen gegen Haye zur Eskalation beigetragen?

Bönte:

Das sehe ich nicht so. Das, was zwischen Haye und mir verbal passierte, war harmlos. Eskaliert ist die Situation erst, als sich Chisora einmischte. Doch selbst als er aufstand und auf Haye zuging, hätte ich nicht damit gerechnet, dass sie sich prügeln.

Vitalis Bruder Wladimir hat sogar noch gescherzt, Haye solle rennen, und dass er auf Chisora setze. Sollte man solche Dinge nicht unterlassen, wenn die Lage derart aufgeheizt ist?

Bönte:

Im Nachhinein ist man immer klüger, aber man muss Wladimir verstehen. Er war emotional aufgeladen, weil Chisora ihn vorm Kampf angespuckt hatte. Dass er überhaupt ruhig geblieben ist, muss man ihm hoch anrechnen.

Hätten nicht die Sicherheitskräfte früher eingreifen müssen?

Bönte:

Wahrscheinlich hätten sie dazwischengehen müssen, als Chisora aufstand. Ich weigere mich aber, anderen Menschen die Schuld zu geben als denen, die sich geprügelt haben.

Der Klitschko Management Group (KMG) als Veranstalter wird gern vorgehalten, zu geizig zu sein, um ausreichend Sicherheitskräfte zu bezahlen.

Bönte:

Dieser Vorwurf ist nicht haltbar. Wir haben einen persönlichen Sicherheitsdienst, der sich nur um die Klitschkos und ihr Team kümmert. Den bezahlt KMG selbst. Für die Sicherheit in der Arena ist der Arena-Betreiber selbst zuständig. Dafür bezahlen wir eine im Kooperationsvertrag festgelegte Miete, die all diese Dinge abdeckt. Wir müssen uns dann darauf verlassen, dass der Betreiber seinen Pflichten nachkommt.

Können Sie verstehen, dass es einige Menschen gibt, die glauben, dass RTL und Sie solche Dinge inszenieren?

Bönte:

Nein, und ich weise solche Anschuldigungen scharf zurück. Sport ist auch Entertainment. Aber niemand kann ernsthaft glauben, dass Sportler wie die Klitschkos ihre Gesundheit gefährden und sich fürs Drehbuch eine Ohrfeige geben lassen oder gar eine Schlägerei inszenieren würden. Auch bei RTL würde niemand auf so eine Idee kommen. Das ist absurd, und deshalb habe ich auch gegen Marco Huck vom Sauerland-Stall eine einstweilige Verfügung erwirkt, damit er nicht mehr behaupten kann, die Ohrfeige von Chisora gegen Vitali beim Wiegen sei inszeniert gewesen. Dort ist eine Grenze überschritten worden, die wir uns nicht gefallen lassen dürfen.

Dennoch ist die Häufung der Vorfälle, die es auf Klitschko-Pressekonferenzen gab, auffällig. Mit Haye gab es mehrfach Ärger, davor den schlimmen Streit mit Ihrem Erzfeind Ahmet Öner im Rahmen des Duells zwischen Vitali und Odlanier Solis. Woran liegt das?

Bönte:

Ich habe Hunderte Pressekonferenzen erlebt. Es gab vier, die eskaliert sind. Dass zwei in der jüngeren Vergangenheit liegen, halte ich für Zufall. Das hat mit den Klitschkos nichts zu tun. Es waren bedauerliche Einzelfälle.

Fakt ist doch aber, dass die Brüder stark polarisieren. Bringt die Dominanz der Klitschkos bei manchen Menschen Hass hervor, der ungesund ist?

Bönte:

Ich spüre das nicht so extrem und warne auch davor, es zu dramatisieren. Fakt ist, dass die TV-Quoten und Umfragen immer wieder beweisen, wie beliebt die Klitschkos sind. Dass es dann, gerade in Deutschland, viele Neider gibt, ist ein bekanntes Phänomen. Aber damit muss man leben.

Lernen Sie aus den Vorfällen der vergangenen Kämpfe, vielleicht in Zukunft etwas weniger provokant aufzutreten?

Bönte:

Die Situation in Köln, als ich Öner über Mikrofon einen Asozialen genannt habe, hätte ich mir sparen müssen, damit habe ich mich aus der Emotion heraus auf sein Niveau herabgelassen. Aber ich werde weiterhin meine Meinung sagen. Wenn das nicht mehr erlaubt ist, dann müssen wir keine Pressekonferenzen mehr machen.