Drei Europameisterinnen im Rollstuhlbasketball kämpfen mit dem HSV um den Aufstieg

Hamburg. Ein dumpfer Knall dröhnt durch die Wandsbeker Sporthalle. Er stammt von zwei Sportrollstühlen, die unter dem Basketballkorb bei hohem Tempo zusammengekracht sind. Nadine Bahr blickt kurz aufs Spielfeld, winkt dann aber ab. "Das ist eine normale Abwehrszene", sagt sie undlächelt verschmitzt. "Unser Sport ist nichts für seichte Gemüter."

Bahr ist oberschenkelamputiert. 1998 musste ihr ein Teil des rechten Beins entfernt werden. Drei lange Jahre saß sie im Rollstuhl. Inzwischen trägt sie eine Prothese. Dem Rollstuhlbasketball allerdings hat sie die Treue gehalten. Seit September des vergangenen Jahres spielt Bahr beim Hamburger SV. "Für mich ging es von der Regionalliga in die Zweite Bundesliga", erzählt die 33-Jährige, "und wenn wir Glück haben, steigen wir bald in die Erste Liga auf."

Der HSV ist gegenwärtig Tabellenführer in der 2. Bundesliga Nord, trifft am Sonnabend 20 Uhr in der Sporthalle Wandsbek im Spitzenspiel auf die Spielgemeinschaft Paderborn/Bielefeld. Für Bahr geht es bei dem Duell nicht nur um den Triumph mit der Mannschaft, sondern auch um eine überzeugende Leistung im Hinblick auf die Paralympics in London. Im vergangenen Jahr hatte sie sich erstmals in die Frauen-Nationalmannschaft gekämpft und mit ihren Teamkolleginnen Edina Müller und Maya Lindholm den Europameistertitel in Israel gewonnen. "Das motiviert und macht Lust auf mehr", sagt Bahr.

Was es heißt, bei den Paralympics dabei zu sein, hat Edina Müller 2008 in Peking erlebt. "Es war ein unfassbar schönes Ereignis", sagt die Wahlhamburgerin, die seit ihrem 16. Lebensjahr im Rollstuhl sitzt. Müller wurde beim Chiropraktiker falsch eingerenkt. Seitdem ist sie querschnittsgelähmt. Genauso wie Maya Lindholm. Als die Hamburgerin 13 Jahre alt war, zerstörte eine Rückenmarkentzündung ihre Nerven. In der Reha entdeckte Lindholm schließlich ihre Liebe zum Sport. "Ich habe gemerkt, dass es gar nicht so schlimm ist, im Rollstuhl zu sitzen", so die 21-Jährige, die im Verein vor allem das Zusammenspiel mit ihren männlichen Teamkameraden schätzt. "Männer denken sich Tricks aus, auf die ich im Leben nicht kommen würde", sagt Lindholm. "Von ihnen habe ich mir diese gewisse Bissigkeit abgeschaut, die man in einer Frauen-Nationalmannschaft gut gebrauchen kann."

Dort geht es Bundestrainer Holger Glinicki manchmal etwas zu harmonisch zu. "Er wünscht sich, dass wir uns auch mal anzicken", gesteht Bahr. Genug Zeit, um den Kampfgeist zu schulen, hat das Team bis zu den Paralympics allemal. Ab März startet die Vorbereitung. Bis dahin wollen Lindholm, Müller und Bahr mit dem HSV weiterhin punkten. "Ein größeres Publikum könnte dabei helfen", sagt Bahr, denn außer Freunden und Bekannten kommen kaum Fans in die Halle. Die Hoffnung auf neue Zuschauer geben die Rollstuhlbasketballerinnen trotzdem nicht auf. "Es ist ein großartiger und sehr dynamischer Sport", sagt Bahr, "man muss sich nur einmal selbst davon überzeugen."