Gastgeber Club an der Alster gewinnt den Europapokal der Landesmeister im Hallenhockey, weil er in jedem Spiel zulegen konnte

Hamburg. Gerade hatte er seine goldene Medaille um den Hals gehängt bekommen, als Jonathan Fröschle realisierte, dass er einen ganz besonderen Moment erlebte. Diesen galt es im wahrsten Sinne des Wortes festzuhalten, und so nahm der 25-Jährige seinen vier Jahre älteren Bruder Phillip, der neben ihm auf dem Podest stand, fest in den Arm. Die beiden wechselten ein paar Worte, klatschten anschließend noch einmal kräftig ab, ehe sie in das obligatorische "We Are The Champions" von Queen einstimmten, das in Sportstätten so gern gespielt wird, wenn es Titel zu feiern gibt.

Der Titelgewinn, den die Fröschle-Brüder am Sonntag mit dem Club an der Alster beim Europapokal der Landesmeister in der Hockeyhalle am Rothenbaum feierten, war in zweierlei Hinsicht ein besonderer für sie. Für Phillip, der im Sommer aus Krefeld nach Hamburg gekommen war, war es der erste Triumph seiner Karriere. Für Jonathan war es das erste Mal, dass er als Kapitän der Mannschaft einen Pokal in Empfang nehmen durfte. Und dazu war es der erste Titel, den die Fröschles gemeinsam gewannen. "Das war ein tolles Gefühl, und genau das haben wir realisiert, als wir da so nebeneinander auf dem Podium standen", sagte Jonathan.

Wie immer, wenn im Hockey internationale Turniere unterm Hallendach anstehen, waren die Alster-Herren als deutscher Vertreter favorisiert in ihr Heimspiel gestartet. Das Problem war, dass nach dem Aus in der Hauptrunde der deutschen Meisterschaft die letzte Wettkampferfahrung rund zwei Monate zurücklag, und das sah man. Nach holprigen Auftritten in den Vorrundenspielen, die gegen den Schweizer Meister Luzern (3:2), Club Egara Terrassa aus Spanien (7:3) und Schwedens Champion Partille Göteborg (4:3) teils sehr mühevoll gewonnen wurden, hatte das Team von Cheftrainer Joachim Mahn erst im Halbfinale am Sonnabendabend seine Favoritenrolle endlich angenommen. Russlands Titelträger Dinamo Elektrostal Moskau wurde in einem begeisternden Spiel mit 8:3 von der Platte gekugelt. "Das war der Moment, in dem bei uns der Knoten geplatzt ist. Von da an waren wir souverän", sagte Abwehrchef Sebastian Biederlack, der wieder einmal einer der Sieggaranten war.

Diese Souveränität zeigte sich auch im Endspiel, in dem der niederländische Meister HDM Den Haag lediglich die ersten 20 Minuten mithalten konnte und dann im Angriffswirbel der Rot-Weißen unterging. 1200 Zuschauer in der überfüllten Halle hatten vor dem Anpfiff für große Emotionen gesorgt, als sie kurzerhand die deutsche Nationalhymne intonierten, da die Technik versagt hatte. "Solch eine Gänsehaut hatte ich vor einem Spiel noch nie", sagte Tim Jessulat, als Nationaltorhüter mit der Hymne durchaus vertraut.

Tore von Daniel von Drachenfels (3), Jonathan Fröschle (2), Tim Witthaus und Christian Reimann sorgten für einen auch in der Höhe verdienten 7:3 (1:1)-Erfolg. "Nach dem 3:1 hatten wir Platz zum Kontern, den wir gut genutzt haben. Da sind die Holländer eingebrochen", sagte Trainer Mahn, der seinen 13. Titel mit Alster feiern durfte, und hofft, dass der Europapokal dem Tabellenletzten für den Abstiegskampf in der Feld-Bundesliga (Neustart am 24. März) neues Selbstvertrauen bringt. Dass sich einige seiner Spieler mitunter noch zu sehr in Einzelaktionen aufrieben, nannte der Coach "Jammern auf hohem Niveau". Der Schlüssel für ihn war die körperliche Frische. "Wir sind einfach fitter als die anderen. Und wir sind eine Turniermannschaft, die in Finals nie Zweifel am Sieg hat. Da kommt einfach eine dieser berüchtigten deutschen Tugenden zum Tragen."

Dennoch zeigte sich einmal mehr, dass die Konkurrenz aus dem Ausland vor allem technisch und taktisch auf deutschem Niveau mithalten kann. "Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger, den Pott zu holen, umso glücklicher bin ich, dass es uns gelungen ist", sagte Mahn, der seinem Team anschließend einen Feier-Marathon verordnete. Nach der sonntagabendlichen Sause im Klubheim geht es heute Mittag zur obligatorischen Titelfeier ins Borchers, am Abend ist die Mannschaft geschlossen bei der Hamburger Sportgala (siehe Text rechts) zugegen.

Dort werden auch die Fröschle-Brüder noch einmal richtig Gas geben, "wahrscheinlich ohne Stimme", wie Jonathan befürchtete. Dass er als bester Torschütze seines Teams (elf Treffer) auch zum besten Spieler des Turniers gewählt wurde, war ihm fast peinlich. "Ich hätte mich nicht gewählt", sagte er. Die wirklich Großen erkennt man an ihrer Bescheidenheit.