Hoffnungsträger des Hamburger Profiboxstalls überzeugen beim Kampfabend im Hotel Grand Elysée

Hamburg. Als die elf teils blutigen Schlachten nach acht unterhaltsamen Stunden geschlagen waren, da konnte man Waldemar Kluchs Erleichterung und Stolz aus jeder Pore seines Gesichts ablesen. "Wir haben gezeigt, welche Klasse in diesem Stall steckt. Wir haben in den ersten Gang geschaltet und werden in diesem Jahr beweisen, dass wir einen Luxusliner zum Vollgas bringen können", sagte der neue Geschäftsführer des Profiboxstalls Universum.

Der 53-Jährige liebt blumige Formulierungen, redet bisweilen schneller, als er denkt, und hatte deshalb in den vergangenen Monaten Dinge angekündigt, die ihm später leidtaten. Doch am frühen Sonntagmorgen, nach einem erfolgreichen Kampfabend im Luxushotel Grand Elysée am Dammtor, hatte seine Zuversicht durchaus Substanz. Der Plan Kluchs, der die Geschäfte im Sommer 2011 von Klaus-Peter Kohl übernommen und das erste halbe Jahr zur Neuordnung benötigt hatte, das nahezu gesamte Portfolio zu präsentieren und so die Leistungsfähigkeit seines Stalls unter Beweis zu stellen, war aufgegangen. 1300 Zuschauer hatten im Großen Ballsaal Gegenwart und Zukunft der einstigen Weltmeisterschmiede, die seit dem Auslaufen des TV-Vertrags mit dem ZDF im Juli 2010 um ihr Bestehen kämpft, besichtigen können.

Die Gegenwart, das waren fünf ExWeltmeister, von denen sich mit Firat Arslan (Cruisergewicht) und Jürgen Brähmer (Halbschwer) allerdings nur zwei nachhaltig für höhere Aufgaben empfehlen konnten. Vitali Tajbert (Superfeder, gegen den Venezolaner Graterol) und Ina Menzer (Feder, gegen die Bulgarin Koleva) wiesen bei ihren einstimmigen Punktsiegen einige Schwächen auf. Ruslan Chagaev (Schwer) zeigte sich bei seinem einstimmigen Punktsieg über Kertson Manswell (Trinidad) zwar beweglicher als in den vorangegangenen Kämpfen, für Aufsehen sorgte aber vor allem sein T-Shirt, das den umstrittenen Tschetschenen-Präsidenten Ramsan Kadyrow zeigte.

Arslan ist zwar bereits 41 Jahre alt, fühlt und bewegt sich jedoch wie ein 31-Jähriger. Den Argentinier Orlando Farias setzte er derart aggressiv unter Druck, dass der Kampf in der zweiten Runde abgebrochen werden musste. Brähmer benötigte gegen den spanischen Meister José María Guerrero zwar zwei Runden länger, zeigte sich von seiner 21-monatigen Kampfpause jedoch bestens erholt. Der 33 Jahre alte Schweriner wirkte im etwas schlanker gewordenen Oberkörper beweglich wie zu besten Zeiten und begeisterte mit schnellen Kombinationen. "Wenn ich weiter hart arbeite, könnte 2012 ein schönes Jahr werden", sagte er. Brähmer und Arslan sollen noch in diesem Jahr neue WM-Chancen erhalten.

Zwei, die Universum über 2012 hinaus große Titelkämpfe bringen sollen, sind die Russen Denis Boytsov und Rachim Tschachkijew. Schwergewichtler Boytsov, 25, knockte den US-Amerikaner Darnell Wilson zum ersten Mal in dessen Karriere in Runde vier aus. Cruisergewichtler Tschachkijew, 29, musste gegen den starken Russen Alexander Kotlobay erstmals in seiner Profilaufbahn zehn Runden kämpfen, zeigte aber trotz stark entzündeten linken Ellenbogens, der ihn am Donnerstag zu einer Operation zwingt, eine beeindruckende Leistung, die mit dem klarstmöglichen Punktsieg belohnt wurde. "Beide brauchen noch ein paar Kämpfe gegen starke Gegner. Ihre WM-Chance wird kommen, das ist sicher", sagte Kluch.

Den nächsten Kampfabend, der am 31. März oder 21. April mit einem WM-Duell für Mittelgewichtler Sebastian Zbik ausgetragen werden soll, will Kluch erneut nutzen, um interessierten TV-Sendern Stärke zu demonstrieren. Verhandlungen mit dem Bezahlsender Sky, dessen Sportchef Burkhard Weber im Elysée am Ring saß, laufen. Auf einen, der für den deutschen Markt interessant gewesen wäre, kann Kluch dabei nicht mehr bauen. Superweltergewichtler Jack Culcay einigte sich mit Kluch gegen eine Ablösezahlung von rund 300 000 Euro auf eine sofortige Vertragsauflösung. Er will sich in dieser Woche dem Berliner Sauerland-Team anschließen. Damit endet ein seit acht Monaten schwelender Rechtsstreit im Einvernehmen, ganz nach Kluchs Geschmack: "Jack ist Vergangenheit. Wir schauen nur noch nach vorn."