Boxerin Ina Menzer glaubt wieder an eine Zukunft bei Universum, plant aber auch ihr Leben danach

Hamburg. Sie hatte viel Zeit in den vergangenen Monaten, um über viele Dinge nachzudenken. Doch auf die Frage, warum sie die letzte verbliebene Frau ist beim Hamburger Profistall Universum, dem einstigen Hort des deutschen Frauenboxens, weiß Ina Menzer keine Antwort. Wenigstens nicht sofort, und das ist ungewöhnlich bei der 31-Jährigen, die auch außerhalb des Rings gern mit Schlagfertigkeit glänzt. "Vielleicht", sagt sie nach einigen Momenten, "vielleicht weil ich den längsten Atem gehabt habe. Vielleicht aber auch, weil ich mir zu viel habe gefallen lassen."

Ina Menzer hat harte Monate hinter sich, die nicht spurlos an ihr vorübergegangen sind. Im Juli 2010 verlor sie ihre drei WM-Titel im Federgewicht überraschend an die Kanadierin Jeannine Garside, just in der Phase, in der Universum nach dem Auslaufen des TV-Vertrags mit dem ZDF um die Existenz kämpfte. Plötzlich war auch ihre Existenz gefährdet. Weil sie als Hauptkämpferin im ZDF ein gewisses Börsenniveau gewohnt war, kamen billige Aufbaukämpfe nicht infrage. Viele Monate lebten Menzer und ihr Ehemann, der noch studiert, in Ungewissheit und vom Ersparten. "Zum Glück hatte ich meine Börsen fast komplett zurückgelegt. Da ich selbstständig bin und stets darauf hoffte, neue Angebote zu bekommen, konnte ich mich nicht arbeitslos melden", sagt Menzer.

Erst im September 2011, 14 Monate nach der WM-Pleite, stieg die Deutschrussin wieder in den Ring, nachdem der neue Geschäftsführer Waldemar Kluch die Geschicke bei Universum übernommen hatte. Er setzt auf Menzer, und erstmals seit Jahren hat die Sportlerin wieder das Gefühl, dass es bergauf geht mit ihrer Karriere - und mit Universum. "Waldemar spricht viel mit uns und geht auf unsere Probleme ein", sagt sie. Kluch habe unter den rund 15 verbliebenen Sportlern eine Aufbruchstimmung verbreitet. "Das Klima war nie besser. Es gibt keinen Neid mehr, kein Konkurrenzdenken", sagt Menzer.

Am 28. Januar wird sie im Hamburger Luxushotel Grand Elysée gegen die Bulgarin Milena Koleva einen Aufbaukampf über acht Runden bestreiten. Ihr Ziel, noch einmal Weltmeisterin zu werden, hat Menzer zwar im Blick, sie will jedoch nicht mehr über die nächste Etappe hinausdenken. Das ist eine der Lehren aus den vergangenen Monaten. "Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, was ich nach der aktiven Karriere machen möchte. Zwar bin ich froh, dass ich weiterboxen kann, aber wenn es vorbei sein sollte, bin ich vorbereitet", sagt sie. Nach ihrer Karriere möchte sie sich voll und ganz um ihr Projekt Eventboxen.de kümmern, das sie bereits ins Leben gerufen hat und betreibt.

Mit der Zeit sind auch die Revanchegelüste verschwunden, ein Rematch mit Garside, die im Frühling ein Kind erwartet, ist ihr nicht mehr wichtig. "Die Niederlage hat mir in gewisser Weise auch gutgetan. Ich war in meiner Entwicklung stehen geblieben, durch die Pleite bin ich wieder hungrig geworden", sagt sie. Außerdem hat sich mittlerweile eine wichtige Erkenntnis durchgesetzt. "Ich glaube nicht, dass mein Leben besser verlaufen wäre, wenn ich damals gewonnen hätte", sagt sie. Nun kommt es darauf an, die neue Chance zu nutzen. Ina Menzer will beweisen, dass sie tatsächlich den längsten Atem hat.