In Ochsenwerder wird von heute an Swingolf gespielt - mit nur einem Schläger, aber ohne Etikette

Hamburg. Im "Dielencafé" riecht es nach neuen Holzmöbeln. Schlichte Tische und Stühle warten auf ihre ersten Gäste, die dicken Pfeiler, die den Raum unterteilen, sind frisch ausgebessert. "Die hatten die Kälber angeknabbert", erzählt Thomas Soltau, "hier war ihr Stall." Dann führt er die Gäste wieder nach draußen auf das, was einmal sein Getreidefeld war. Jetzt ist es eine grüne Wiese, in der eine rote Fahne steckt. Und wenn es nach Bauer Soltau geht, dann ist es der neue Anlaufpunkt für alle, die gern Golf spielen, aber zum Beispiel wenig Zeit haben. Oder wenig Geld. Oder wenig Lust auf Etikette.

Von heute, 14 Uhr an kann hier am Gauerter Hauptdeich in Ochsenwerder Swingolf gespielt werden. Man braucht für diese jüngste Generation Golf kein Handicap und keine Schlägerausrüstung, keine Klubmitgliedschaft und keine Platzreife, keine spezielle Kleidung, noch nicht einmal einen Ball. Der wird gegen ein Euro Pfand gestellt. Die Leihgebühr für den Schläger ist im Startgeld von zehn Euro inbegriffen. Es gibt einen für alles: Abschlagen, Chippen, Pitchen, Putten, egal ob Rechts- oder Linkshänder. Sogar das Tee ist im Griff integriert. Und ganz unten ist eine Öffnung, mit der man den Ball aufpicken kann wie mit einer Zange. Dieser Ball ist deutlich größer und weicher als beim traditionellen Golf und obendrein schwimmfähig. Die Löcher sind eingelassene Rohrstücke von 30 Zentimeter Durchmesser, was Erfolgserlebnisse garantiert. Und statt einer Schlägertasche gehört ein Bollerwagen mit kühlen Getränken zur Standardausrüstung des Swingolfers.

Vor acht Jahren hat Soltau, 37, von der Trendsportart aus Frankreich erfahren. Er spielte selbst gern Golf, aber ihm fehlte zunehmend die Zeit, und die Klubs waren nicht seine Welt. Dann schrieb eine landwirtschaftliche Zeitung über die erste Swingolfanlage Deutschlands in Delbrück bei Paderborn. Soltau fuhr hin und war fasziniert von der Idee. 2007 begann er, unterstützt von Frau und Eltern, mit dem Bau eines Platzes. Das klingt nach einem großen Projekt. "Aber hier war kein einziger Bagger am Werk", sagt Soltau.

Zehn ihrer insgesamt 160 Hektar Nutzfläche haben die Soltaus für ihr neues Geschäfts-Feld umgewidmet - ein traditioneller Golfplatz beansprucht rund das Siebenfache. Als die behördliche Genehmigung vorlag, war nicht mehr zu tun, als die Äcker umzupflügen, Gras zu säen - und zu warten. Thomas Soltau legt Wert darauf, dass auf seiner Anlage nicht gespritzt wird und nicht gewässert. Alles soll so naturbelassen wie möglich bleiben. Statt auf einer Driving-Range können die Bälle zur Übung in ein Netz geschlagen werden. Es gibt auch keine künstlichen Hindernisse wie Bunker, Büsche oder Teiche. Schlimmstenfalls landet der Ball im Wassergraben, der sich zwischen den Bahnen hindurchschlängelt. Aber da ist er mit seinen grellen Farben leicht auszumachen.

Nur was die Zählweise angeht, entspricht Hamburgs erste Swingolfanlage dem Standard. Es gibt die üblichen 18 Löcher: zehn Par-vier-Spielbahnen von 100 bis 200 Meter Länge, vier kürzere (Par drei) und vier längere (Par fünf). Etwa 20 000 Euro haben die Soltaus in die Grünanlage investiert, nur einen Bruchteil dessen, was ein herkömmlicher Golfkurs verschlingt. Hinzu kamen Kosten für Parkplatz, Schlägerausgabe-Häuschen und das Café, das im hinteren Teil des reetgedeckten Bauernhauses aus dem Jahr 1872 untergebracht ist. "Ein bisschen Mut gehört dazu", sagt Thomas Soltau. Die ersten Gruppen hätten sich aber bereits angemeldet.

Etwa 20 Anlagen gibt es inzwischen allein in Deutschland, weitere sind in Planung. Zumindest organisatorisch sind einige der Golf-Spontis im Establishment angekommen. Es gibt einen Dachverband, der über das Regelwerk wacht und Meisterschaften ausrichtet. Und aus dem Vorbild in Delbrück ist längst eine kommerzielle Erfolgsgeschichte geworden. Es ist um eine Indoor- und Minigolfanlage erweitert worden und beherbergt ein eigenes Hotel. Soltau hegt noch keine Ausbaupläne. Er sieht sich eher als Landwirt denn als Golfklubbetreiber: "Die Leute sollen einfach kommen und Spaß haben." Dann hätte er sein Geschäftsziel erreicht. Und wenn er hin und wieder selbst eine Runde drehen kann.